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Geographie, Land und Leute
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
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Page - 352 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I

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352 Französische Revolution ischen Nationen entscheidend umgestalten. Nachdem das revolutionäre Frankreich mit großen Opfern – der Terror der Guillotine 1792–1795 – die liberalen Rechte für das Individuum – die Menschenrechtserklärung von 26. August 1789 – durchgesetzt und sich der rest- riktiv eingreifenden Feudalmacht entledigt hatte, stand der ökonomische Liberalismus – nicht zu verwechseln mit seinem Ursprung, dem Kapitalismus, welcher be- reits mit Beginn der europäischen Kolonialisierung im 15. Jh. und Versklavung der afrikanischen Bevölkerung ab dem 16. Jh. begonnen hatte – in seinen Startlöchern. Das Zeitalter der Großbourgeoisie, der industriellen Revolutionen und der sozialen Klassenkämpfe war an- gebrochen. Die Analyse der F. R. als historisches Phänomen erlaubt zwei grundverschiedene Zugänge : Der erste, weitverbreitete Ansatz stellt die F. R. und ihre ideellen Nachwirkungen in einen gesamt-europäischen Kontext. Der zweite Ansatz, welcher verstärkt in französischen Geschichtsbüchern zu finden ist, konzentriert sich auf das Erforschen nur bedingt zusammenhängender Er- eignisse, welche Wechselwirkungen erzeugten, die den Beginn und den Verlauf der F. R. bestimmten und ihr Einzigartigkeit im welthistorischen Kontext verliehen. Diesem Gedanken folgend ist der Unterschied zwi- schen niedergeschriebener und gelebter Geschichte bedeutend, denn während die geschriebene Geschichte großzügig mit philosophischen, sozial-politischen und verklärenden Interpretationen ausgeschmückt wird, kann die erlebte Geschichte als ein »sich ereignender« Sachverhalt bloß objektiv festgestellt, recherchiert und in einen wertefreien Zusammenhang gebracht werden. Die französische Geschichtsschreibung nutzt beide Ansätze, orientiert sich jedoch verstärkt an der Sach- verhalt- bzw. Faktenklärung, wenn es darum geht, den Entwicklungsprozess der F. R. herauszuarbeiten. Die einzelnen Ereignisse werden in eine logische Sukzes- sion gebracht und niemals aus dem Kontext gerissen. Somit sind die europäischen Nachwehen, welche die F. R. nach sich zog, für den Verlauf ihrer »eigenen« Ge- schichte unbedeutend und aus diesem Grund aus ihrer Nacherzählung auszuschließen. Für die Aufarbeitung der Historie der F. R. ist das Hervorheben der sozio-politischen Gegebenheiten im vor-revolutionären Frankreich entscheidend. Im Vorfeld der F. R. befindet sich Frankreich in einer schweren Finanzkrise, deren Auswirkungen sich unter allen drei Gesellschaftsständen – der Aristokratie, dem Klerus und dem dritten Stand der Werktätigen – spür- bar machen. Die Staatskassen sind leer und die Monar- chie sucht nach einem Weg aus dem Ruin. Die von Calonne geplante Revision des Steuerge- setzes stieß hauptsächlich innerhalb der Aristokratie auf starken Widerstand. Diese war nicht bereit, ihre Privilegien aufzugeben, um den Staatsbankrott abzu- wenden. Nach Souboul sahen Calonne und Lomé- nie de Brienne in der Errichtung der Steuergleichheit das einzige Heilmittel gegen die Finanzkrise der Mo- narchie. Die in Paris vereinte »Notablenversammlung« des adeligen Standes legte im Herbst 1788 ein Veto gegen die königliche Revision des Steuerrechts ein und widersetzte sich damit erfolgreich ihrer Hoheitsgewalt. Der französische Romantiker Chateaubriand schrieb dazu : »Die Patrizier begannen die Revolution ; die Plebejer vollendeten sie« (Soboul, 2000, 15). Da sich die Aristokratie und der Klerus geweigert hatten, ihren Teil zur Staatssanierung beizutragen, und sich damit gegen den Beschluss des absoluten Monarchen aufgelehnt hatten, folgte vonseiten des Dritten Stan- des eine Welle der Empörung. Diese richtete sich als Erstes gegen die arbiträre Monarchie, die eine solche Ungerechtigkeit duldete, und darauf folgend auch ge- gen die privilegierten Stände. Der Dritte Stand machte immerhin 96 Prozent der damaligen Bevölkerung aus und setzte sich aus Bauern, Handwerkern, der Handels- bourgeoisie bis zur hohen Finanzbourgeoisie – welche sich in Bildung und Lebensstil kaum mehr von der hohen Aristokratie unterschied – und allen restlichen Schichten der französischen Gesellschaft zusammen. Diese waren gezwungen, die Last der Finanzkrise al- lein zu tragen, und besonders stark traf dies die ärmste und breiteste Schicht des Dritten Standes. Aufgrund von »[…] Missernten und […] – [der] – sich daraus zwangsläufig ergebenden Wirtschaftskrise […]« (So- boul, 2000, 21) verbreitete sich unter der Bevölkerung eine Hungersnot. »Die städtischen und ländlichen Volksmassen sind 1789 keineswegs durch die aufrüh- rerischen Umtriebe der Bourgeoisie (welche sich seit Längerem aus der absolutistischen Wirtschaftsordnung zu befreien wünscht) in Bewegung gesetzt worden […] Aufgelehnt haben sie sich vielmehr aus Hunger : eine unbezweifelbare Wahrheit, die Michelet mit Nachdruck hervorhebt (›Ich bitte Euch, schaut es Euch an, dieses auf bloßer Erde liegende Volk, armer Hiob […]‹) Der Hunger ist eine Tatsache der staatlichen Ordnung : man hat Hunger im Namen des Königs« (Soboul, 2000, 27). Soboul zufolge führte die Ernährungskrise zu Elend, Unterkonsumption, zu Schrumpfung des Ar-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Subtitle
Von den Anfängen bis 1942
Volume
1: A – I
Authors
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
542
Categories
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
  2. Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
  3. Geleitwort von Johannes Koder 9
  4. Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
  5. Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
  6. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
  7. Verzeichnis der Siglen 40
  8. Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
  9. Editoriale Hinweise 51
  10. Lemmata Band 1 A – I 55
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