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Freisinger Denkmäler
FD, Clm 6426, 78r.
FD, Faksimile
FD, interaktiv mit Überset-
zungen nischen Textes des Mess-Ordinariums (eines Missales)
aus dem Umkreis Methods.
Aus chronologischen Gründen ist ein literaturüb-
licher »kyrillomethodianischer Einfluss« auszuschlie-
ßen. Manipulativ und unbegründet ist die Vermutung,
FD II sei die Transliteration einer Beichthomilie von
Kliment Ohridski aus der glagolitischen (→
Gla-
golica) in die lateinische Schrift. Ebenso suggestiv und
unbegründet sind literaturübliche kyrillische Translite-
rationen der FD. Anzunehmen sind umgekehrt karan-
tanerslowenische Einflüsse im glagolitischen činъ nadъ
ispovědajǫštiimь sę (Beicht-Ordo) des Euchologium
Sinaiticum. In den FD handelt es sich um Überset-
zungen aus der →
altladinischen und → altbairischen
(literaturüblich »althochdeutschen«) kirchensprachli-
chen Praxis, etwa bei Wörtern wie krilatci/Engel (die
Geflügelten), izpoved/Beichte (die Aussage, vgl. das
Outing), krištiti/taufen (cristianum facere »zum Chris-
ten machen«), nedel/Sonntag (der dies natalis »Geburts-
tag des Herrn«), zlodej/Teufel (malefactor »der Übeltä-
ter«), vuvraken vu svet/in die Welt kommen (invertere
noch heute bairisch »einkehren«), božirab/Gottesdiener
(servus dei »der Gottesknecht«), vumazustvo/Schwän-
gerung (in/maculatio »die Befleckung«), cesarstvo/Reich
(Kaiserreich : kraljevstvo für regnum ist erst nach Karl
dem Grossen aufgekommen), raj/Paradies (radius
»der Sonnenkreis«) oder quoniam > ponje »weil«. Da die Texte ursprünglich aus Karantanien stammen,
möglicherweise in Salzburg oder Freising kopiert wur-
den (der Kodex insgesamt ist in keiner erkennbaren Ord-
nung gebunden), werden die FD seit ihrer Auffindung
im 19. Jh. mit Recht dem → Altslowenischen, präziser
dem Karantanerslowenischen zugeordnet. Schreibweise
und Phonetik stimmen mit der in alten karantanerslo-
wenischen Ortsnamen überein. Die FD sind die ältes-
ten slawischen Texte in lateinischer → Schrift und die
ältesten in einer slawischen Sprache überhaupt. Lite-
raturüblich vermutete »kyrillomethodianische«, »groß-
mährische«, »althochdeutsche« oder »irische« Vorlagen
oder Einflüsse sind nicht nachweisbar. Wahrscheinlich
liegt die Sprache der als Übersetzer tätigen ladinischen
und bairischen Priester aus Salzburg zugrunde, die ir-
gendwie das damalige Slowenisch erlernt haben. Auch
karantanerslowenische Priester werden als Autoren
vermutet. Es sind Texte der in Karantanien seit 750
üblichen Kirchen- bzw. → Liturgiesprache, in der auch
das Evangelium und die Lesung bei der Messe vorge-
lesen wurden, in der gepredigt, gebetet und gebeichtet
wurde, seit → Virgil Priester und einen Weihbischof
(→ Modestus) nach → Maria Saal/Gospa Sveta und
in die vielen Kirchen Karantaniens und seiner östlichen
Missionsgebiete (confines, → Kocelj) geschickt hatte.
Ihre Slowenität ist im Vergleich zu den geografischen
Namen der Region Karantanien eindeutig. Die ältesten
Method-Texte (Kopien) in altbulgarischer Sprache
und glagolitischer oder »kyrillischer« Schrift (meist
Bibeltexte, alle undatiert) stammen aus dem 11. und
12. Jh. Sie sind zeitlich jünger und sprachlich, nicht
nur phonetisch andersartig. Literaturüblich werden in
der Slawistik die 100 karantanischen Jahre vor Kyrill/
Method damnativ als »nichtslawisch« (weil nicht ky-
rillomethodianisch) verworfen. Lediglich → Isačenko
hat seine literaturüblichen Ansichten zugunsten des
Slowenischen korrigiert.
Auffällige Sprachmerkmale der FD sind : Die in
→ ladinischen und → altbairischen Texten übliche
Verwechslung von p/b (botomu/potomu, bovvedal/pove-
dal), die von t/d, die ladinische Schreibung von k als c
(caco/kako, tacoga/takoga) und die von j als g (pongese/
ponježe, pomngu/pomnjon). Dem c/č/št anderer slawi-
scher Sprachen entspricht das karantanerslowenische k
(vsemogonki, krišken, imonki, malomogonka).
Über 500 Publikationen sind zu den FD erschienen.
Daher auch viele unterschiedliche Meinungen über
Entstehung, Alter, Lesart, Einflüsse. Gesichert aus heu-
tiger Kenntnis ist, dass, wie schon →
Miklosich vor
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55