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Frühmittelalter
höhere Ämter in der Kirche und im Gubernium ihres
Herkunftslandes einnehmen sollten.
Dieses Konzept setzte der Kaiser mit einem Kabi-
nettschreiben vom 29. März 1816 in Kraft. Kritiker
sahen in der Gründung einen weiteren Erfolg des jo-
sephinischen Staatskirchentums und als Etappe auf
dem Weg zu einer österreichischen Nationalkirche. So
zögerten mehrere Bischöfe Oberitaliens mit der Be-
schickung auch noch, als sie schon wiederholt von den
Gubernien dazu aufgefordert worden waren.
Frint erhielt den Auftrag, die Satzung und eine Le-
bensordnung für das Institut, das später auch offiziell
seinen Namen trug, auszuarbeiten. Die Satzung sah die
unmittelbare Leitung des Instituts durch den Monar-
chen vor, der die (vom Bischof genannten) Kandidaten
aufnahm, sich von deren Fortschritten berichten ließ
und sie nach erfolgreicher Beendigung der Ausbildung
oder aus einem triftigen Grund entließ. Die persönli-
che Bindung des Einzelnen an den Kaiser bildete die
subjektive Grundlage für den dynastischen Patriotis-
mus, den das Institut seinen Mitgliedern vermitteln
sollte. Obervorsteher war der Hof- und Burgpfarrer,
den ein Studiendirektor und der Spiritual (beide Hof-
kapläne) unterstützten. Als Unterkunft wurde dem In-
stitut der Großteil des Augustinerklosters und dessen
Kirche zugewiesen. Neuartig war die Finanzierung der
Gründung über den Religionsfonds. Bestand ein sol-
cher nicht, wie in den meisten oberitalienischen Gebie-
ten, musste für jedes Mitglied eine individuelle Finan-
zierung gesucht werden.
Am 1. November 1816 wurde das Institut eröffnet.
Noch im ersten Jahr stieg die Zahl der Mitglieder auf
23, um sich in den nächsten Jahren bei ungefähr 40 pro
Jahr einzupendeln. Insgesamt wurden in den fast genau
hundert Bestandsjahren des Frintaneums 1.096 Aus-
zubildende, darunter 96 griechisch-katholische, in das
Institut aufgenommen.
Jüngste Forschungen in den Biografien von 280 Frin-
taneisten lassen statistisch gestützt erkennen, dass weit
mehr als die Hälfte das Institutsziel erreichte und sich
den Absolventen dementsprechende Laufbahnen er-
öffneten. So erhielten ca. 80 Bischöfe der Donaumon-
archie ihre Vorbildung im F. Aus Kärnten/Koroška, den
Diözesen →
Lavant/Lavantinska škofija und → Gurk/
Krška škofija, lassen sich 15 Frintaneisten namhaft
machen ; darunter die Slowenen Valentin →
Müller,
Martin → Ehrlich und Gregor → Rožman. Bei
Lorenz Wölbitsch (Eintritt 1817) ist die sprachliche
Zuordnung unsicher. Die Genannten bildeten zusam- men mit den slowenisch sprechenden Mitgliedern aus
den Diözesen → Trieste/Trst/Triest, → Gorizia/Go-
rica/Görz, → Ljubljana und → Maribor eine im Ver-
gleich große sprachliche Gruppe (→ Innerösterreich).
Für sie wurden noch vor Mitte des 19. Jh.s aus dem
Kreis der unterdessen drei Studiendirektoren, wie für
andere Sprachangehörige auch, verantwortliche Tuto-
ren auf Dauer bestellt, unter denen sich sechs spätere
Bischöfe, jedoch kein Kärntner, befanden.
In den → Revolutionsjahren 1848/1849 geriet das
Frintaneum durch den teils korporativen Auszug der
nationalen Gruppierungen in eine existenzbedrohende
Krise, doch kehrten viele Institutsangehörige 1850 zu-
rück und setzten ihre Ausbildung fort. Die in der zwei-
ten Hälfte des 19. Jh.s zunehmenden nationalen Span-
nungen übertrugen sich auch auf das Frintaneum. Das
als Umgangssprache unter seinen Mitgliedern verord-
nete Latein war wenig geeignet, die Kommunikation
unter den Landsmannschaften im Institut zu fördern.
Das seit 1848 verstärkte Zurückdrängen des staats-
kirchlichen Josephinismus zugunsten einer größeren
Kirchenfreiheit ließ das Frintaneum nahezu unberührt.
Bis zu seiner faktischen Schließung im November 1918
blieb es, auf der Basis der ersten Satzung, das k. u. k.
Höhere Priesterbildungsinstitut.
Quellen : J. Frint : Darstellung der höheren Bildungsanstalt für Welt-
priester zum h. Augustin in Wien, nach ihrem Zwecke, sowohl als nach
ihrer Verfassung. Wien 1817.
Lit.: E. Hosp : Zwischen Aufklärung und katholischer Reform. Jakob
Frint. Bischof von St. Pölten. Gründer des Frintaneums in Wien (= For-
schungen zur Kirchengeschichte Österreichs ; 1). Wien/München
1962 ; K. H. Frankl, P. G. Tropper (Hg.) : Das »Frintaneum« in Wien
und seine Mitglieder aus den Kirchenprovinzen Wien, Salzburg und
Görz (1816–1918) (= Studien zum Frintaneum ; 1), Klagenfurt 2006 ;
K. H. Frankl, R. Klieber : Das Priesterkolleg St. Augustin »Frintaneum«
in Wien. 1816 bis 1918. (= Studien zum Frintaneum ; 2), Wien [e. a.]
2008 [Mit weiterführender Bibliografie].
Karl Heinz Frankl
Frole, Ivan (Bahnbeamter, Kulturaktivist), → Beljaško
omizje [Villacher Kreis] in Villach/Beljak.
Frühmittelalter, vgl. Sachlemmata : → Alpensla-
wisch ; → Altbairisch ; → Arhäologisches Bild von
Kärnten/Koroška im Frühmittelalter ; → Awaren ;
→ Bagoaria ; → Bauernaufstände ; → Carantani (Ka-
rantaner) ; → Carmula ; → Chiemsee ; →
Christiani-
sierung ; → Conversio Bagoariorum et Carantanorum ;
→ Duces Carantanorum ; → Edlinger/kosezi ; → In
pago Crouuati ; → Frühmittelalterliche Kirchen in
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55