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Frühmittelalterliche Kirchen in Karantanien.
Karte: Kirchen innerhalb
der heutigen Kärntner
Landesgrenzen, für die
eine Gründung vor 1000
nachgewiesen werden kann.
(Entwurf: Stefan Eichert;
Kartengrundlagen Höhenmo-
dell: NASA Srtm. Gewässer,
Landesgrenzen: KAGIS
Kärnten) num, gleichgesetzt, während man eine dritte Kirche
im Großraum Fohnsdorf-Knittelfeld sucht (→ Slove-
nia submersa). Bei diesen Kirchen handelte es sich am
wahrscheinlichsten um Eigenkirchen der lokalen, poli-
tischen Elite. Daneben ist jedoch auch noch die Mög-
lichkeit zu bedenken, dass hier spätantike Gotteshäuser
neu konsekriert wurden.
Aufgrund politischer, sozialer und religiöser Span-
nungen kann die Missionierung der Karantanen nicht
ungestört erfolgen und die Missionsgeschichte spricht
von Aufständen und kriegerischen Zuständen aufgrund
derer die Salzburger Missionare auf mehrere Jahre das
Land verlassen mussten (→ Carmula). Die sogenann-
ten »Modestuskirchen« dürften also eher eine singuläre
Erscheinung und nicht beispielhaft für die folgenden
Jahrzehnte gewesen sein. Erst der militärische Sieg
des Bayernherzogs Tassilo III. über die Karantanen
(→ Carantani) führte 772 einen bedeutsamen Paradig-
menwechsel herbei und konnte die südostalpine Elite
nun endgültig davon überzeugen, dass das Christentum
der wahre Glaube für sie sei. Sie passte sich praktisch
postwendend dem westlich-bairisch-fränkischen Le-
bens- und Repräsentationsstil an (→
Inkulturation).
Dies äußerte sich sehr eindrucksvoll in der Errichtung
von zahlreichen Eigenkirchen mit repräsentativer Mar- morausstattung in karolingerzeitlichem Flechtwerkstil
(→ karolingisch). Es handelt sich hierbei um die ersten
Steinbauten mit Mörtelmauern seit der römischen An-
tike im Ostalpenraum. Das Innere ist mit Steinmetz-
arbeiten im bereits erwähnten Flechtwerkstil gestal-
tet. Ein wesentliches Element hierbei sind marmorne
Chorschranken, welche den Laienbereich vom Presby-
terium abtrennen. Daneben finden sich vereinzelt auch
die Reste marmorner Ziborien und Lesepulte sowie
Hinweise auf Stifter- und Reliquiengräber. Als Bauher-
ren und Finanziers fungierten lokale, slawisch-karanta-
nische Eliten und die räumliche Verbreitung zeigt auch
deren zentrale Machtgebiete an. Diese Flechtwerk-
steinkirchen können aufgrund historischer und kul-
tureller Rahmenbedingungen gut in den Zeitraum der
christianisierten und noch unabhängigen Karantanen-
herrschaft zwischen 772 und 828 datiert werden. Mit
Molzbichl (Molec) und vermutlich auch Zweikirchen
(Pri Dveh cerkvah), die über dortige Flechtwerksteine
in das spätere 8. und frühe 9. Jh. datiert werden kön-
nen, lassen sich auch bereits erste Eigenklöster der lo-
kalen Eliten fassen. Die Gotteshäuser von → Millstatt
(Milštat/Milje) und → St. Peter am Bichl (Šentpeter
na Gori), die ursprünglich ebenfalls marmorne Flecht-
werksteinausstattung aufwiesen, lassen sich über Grab-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55