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Joschap (bzw. Joschapsiedlung)/Jožap
(→ Edlinger/kosezi). Dieser übertrug dem zukünftigen
Herzog die Macht im Lande mit dessen Zusicherung,
ein gerechter Richter zu sein, für das Wohl des Landes
zu sorgen und den christlichen Glauben zu verteidigen.
Für die soziolinguistische Geschichte des Slowenischen
sind im Wortlaut besonders jene Stellen von Bedeutung,
in denen im Inthronisierungsritus ausdrücklich der ver-
pflichtende Gebrauch des Slowenischen, der Sprache
der Mehrheit der Bevölkerung im Land, erwähnt wird :
Rusticus autem super lapidem sedens Sclavice proclamabit :
›Quis est iste, qui progreditur sic incedens ? [Der Bauer,
der auf dem Stein sitzt, ruft auf Slowenisch : »Wer ist
dieser da, der so daherkommt ?«]. Insuper Sclavica, qua
hic utitur, prolocucione in conspectu imperatoris cuilibet
querulanti de se et non in lingua alia tenebitur respondere.
[Außerdem ist, wer immer Klage führt, hinsichtlich des
Kaisers verpflichtet, in slowenischer Rede, wie sie hier
üblich ist, und nicht in einer anderen Sprache, zu ant-
worten.]
Zusätzlich zu den Beschreibungen von J. findet sich
die Herzogseinsetzung im Schwabenspiegel (1274–
1275) [neben dem Sachsenspiegel (um 1230) und
dem Deutschenspiegel (1235–1275)] eines der drei be-
deutenden Rechtsbücher des 13. Jh.s, in dem u. a. die
Rechte der Kärntner Herzöge beschrieben sind, sowie
in der Österreichischen Reimchronik von Ottokar
aus der Gaal.
Quellen : Iohannis Victoriensis : Liber certarum historiarum. 1–2. He-
rausgegeben von Fedor Schneider. Hannover, Leipzig 1909, 1910.
Üb.: Johann von Viktring : Das Buch gewisser Geschichten, Übersetzt
von W. Friedensburg. Leipzig 1888.
Lit.: SBL. – B. Grafenauer : Ustoličevanje koroških vojvod in država
karantanskih Slovencev. Zusammenfassung : Die Kärntner Herzogs-
einsetzung und der Staat der Karantanerslawen. Ljubljana, 1952 ; I.
Virnik : Janez Vetrinjski – prvi koroški zgodovinar. In : KMD. Celo-
vec (2000) 86–88 ; J. Mlinar : Janez Vetrinjski in njegovo poznavanje
Kranjske v Knjigi resničnih zgodb (Liber certarum historiarum). In : ZČ
58/3–4 (130) (2004) 273–300.
Matej Šekli ; Üb.: Bojan-Ilija Schnabl
Joschap (bzw. Joschapsiedlung)/Jožap bzw. Pri
Jožapu, nichtamtlicher → Ortsname des südlich der
Görtschitztal Bundesstraße gelegenen Ortsteils von
St. Thomas am Zeiselberg/Šenttomaž pri Celovcu, der
auf den slow. →
Vulgonamen Jožap/Pri Jožapu zurück-
geht, auf dessen parzellierten Gründen dieser entstand.
Letzter Hofbesitzer war die Familie Waldhauser,
deren Mitglieder sich als → Kulturaktivisten des slo-
wenischen Kulturvereins → Edinost Št. Tomaž enga- gierten und in der Folge Deportationsopfer wurden
(→ Deportationen 1942), wenn auch sie vorzeitig aus
der Haft entlassen wurden.
Mündl. Quelle : Katja Sturm-Schnabl.
Lit : B.-I. Schnabl : Ledinska imena v Šenttomažu pri Celovcu in okolici.
In : KK 2015. Celovec 2014, 119–126 ; B.-I. Schnabl : Ledinska imena
v Šenttomažu pri Celovcu in okolici. In : Glasnik SED 54, 4 (2015), 2–31.
Bojan-Ilia Schnabl
Josephinismus, eine politische und geistige Konzep-
tion, die Kaiser Josef II. in der zweiten Hälfte des
18. Jh.s durch seine Reformen durchgesetzt hatte ; es
ging dabei um die Verschmelzung von Prinzipien des
monarchischen Absolutismus und der Aufklärung.
Maria Theresias Reformen beruhten auf pragma-
tischen und zunehmend systematischen Maßnahmen,
die auf den österreichischen Erbfolgekrieg zurückgin-
gen. Seit Antritt der Mitregentschaft durch Josef II.
1765 erhielten sie allmählich eine sichtlich aufgeklärte
Prägung. Die allgemeine Wehrpflicht, die für die un-
teren Bevölkerungsschichten eingeführt worden war,
steht für die frühesten Anzeichen eines lang währen-
den Prozesses, der den Wandel vom Untertanen zum
Staatsbürger zum Inhalt hatte. Nachdem Joseph II.
1780 die Alleinregierung angetreten hatte, versuchte der
Kaiser, der in seiner Jugend breit gefächert, jedoch un-
systematisch ausgebildet worden war, die Prinzipien der
Moralisten und aufgeklärten Denker in die Praxis um-
zusetzen (Hugo Grotius, Samuel von Pufendorf
und Jakob Thomasius ; in späteren Jahren ist der Ein-
fluss von Voltaire und der französischen Enzyklopä-
disten offensichtlich). Aus diesem Geist heraus schaffte
er 1782–1786 die Leibeigenschaft ab, die Ehe wurde
als Zivilvertrag definiert, die Erbrechte auf Landgü-
ter wurden neu geregelt und ein neues Gerichtssystem
wurde in Angriff genommen. Die Erstgerichte waren
nach Ständen getrennt, doch sollten durchgehend ge-
prüfte Justitiare beschäftigt werden, selbst an den Orts-
gerichten, denen die Untertanen zugeordnet waren. Als
zweite Instanz wurden Appellationsgerichte eingeführt.
Für die Länder mit slowenischer Bevölkerung war ein
solches Organ u. a. in Klagenfurt/Celovec eingerichtet
worden. Mit seinem Patent über die Steuer- und Ur-
barialregulation schaffte der Kaiser 1789 Naturalabga-
ben und Fronarbeit ab, reduzierte die Belastungen in
Relation zu den Einkünften eines Bauernhofes und
beschränkte sie auf reine Geldleistungen. Dazu wurde
1785 ein neuer → Kataster eingeführt.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur