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Jugoslawien
Cover: Slowenisch Kärnten
und das Pariser Diktat.
Belgrad 1949
dem Gedanken anfreunden konnten, Untergebene des
»serbischen Asiens« zu sein, wie es Stjepan Radić, der
Vorstand der Kroatischen Bauernpartei, abfällig formu-
liert hatte. Da diese Partei den Großteil des kroatischen
Volkes repräsentierte, kam es zwischen Zagreb und
Belgrad zu einem scharfen Konflikt, der die gesamte
Zeitspanne zwischen den zwei Kriegen charakterisierte.
Die endemische innenpolitische Krise, in der sich das
Land befand, hatte drei Hauptepisoden : Die Ermor-
dung Radićs, auf den im Juli 1928 im Belgrader Par-
lament ein serbischer Abgeordneter montenegrinischer
Herkunft geschossen hatte, die Entscheidung König
Aleksanders I. mit dem 6. Januar des Folgejahres
die Verfassung abzuschaffen, das Parlament aufzulösen
und die Diktatur auszurufen, sowie das Attentat auf
Letzteren, das am 9. Oktober 1934 in Marseilles von
einem makedonischen Nationalisten unter der Regie
von Ante Pavelić, dem Anführer der extremen kro-
atischen nationalistischen Ustascha, ausgeführt wurde.
Obwohl der Regent Fürst Pavel Karadjordjević
(König Peter II. war noch minderjährig) noch im Au-
gust 1939 den serbisch-kroatischen Ausgleich mit dem
neuen Führer der Kroatischen Bauernpartei Vlatko Maček erreicht hatte, wonach den Kroaten innerhalb
von J. eine autonome Banschaft (Banovina Hrvatska)
gewährt wurde, fiel der Staat am 6. März 1941 beim
Angriff Deutschlands und Italiens mit ihren Verbünde-
ten Ungarn und Bulgarien in sich zusammen.
Außenpolitisch bildete J. in der Zwischenkriegszeit
mit Tschechien und Rumänien die Kleine Entente, ein
Bündnissystem, das unter der Schirmherrschaft Frank-
reichs entstanden war und das sich dem österreichi-
schen, ungarischen und deutschen Revanchismus in
Mitteleuropa widersetzen sollte. Gleichzeitig diente sie
als »cordon sanitaire« gegen eine eventuelle Einfluss-
nahme der Sowjetunion auf den Westen. Nachdem sich
J. und Rumänien außenpolitisch Hitler-Deutschland
angenähert hatten, zerfiel die Kleine Entente endgül-
tig mit dem Münchner Abkommen 1938, mit dem
die Tschechoslowakei sudetendeutsche Gebiete an das
Deutsche Reich abtreten musste. In diesem Kontext war
es den imperialistischen Ambitionen des faschistischen
Italien stark ausgesetzt, nach Hitlers Machtübernahme
auch denen des Nationalsozialismus. Da J. jedenfalls
eher Mussolini als Hitler fürchtete, ist es bezeichnend,
dass es im März 1934, als es in Wien zum missglückten
Staatsstreich und Attentat auf den Kanzler Dollfuss
kam, den flüchtigen Nazi-Putschisten einen Zufluchts-
ort anbot. Dies war als Protest gegen Mussolinis Ent-
scheidung zu verstehen, seine Truppen in die Abwehr
der österreichischen Unabhängigkeit auf den Brenner
zu schicken.
Während der wachsenden deutsch-italienischen
Annäherung in den Folgejahren geriet J. zunehmend
in Bedrängnis. Mit beiden Staaten versuchte man
freundschaftliche Beziehungen zu unterhalten, ob-
wohl Prinzregent Pavel/Paul aufgrund seiner Ein-
stellungen und seiner familiären Bande zur Windsor-
Dynastie stark an Großbritannien gebunden war. Als
der Zweite Weltkrieg ausbrach, konnte er dem Druck
nicht lange standhalten und schloss sich den Achsen-
mächten an, insbesondere weil es fast gänzlich von den
feindlichen militärischen Kräften eingekreist war. Am
25. März 1941 trat es dem Dreimächtepakt bei, wor-
auf es bereits in der Nacht vom 26. auf den 27. März
in Beograd zu einem Staatsstreich kam, der mithilfe
britischer Geheimagenten von einer Offizierstruppe
organisiert worden war. Prinz Paul musste ins Exil, die
Herrschaft übernahmen im Namen von König Peter
II. die Putschisten, jedoch lediglich für eine Woche.
Schon am 6. April 1941 überfiel die Wehrmacht J. mit
Unterstützung italienischer, ungarischer und bulgari-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur