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Keutschach/Hodiše
Uši Sereinig, 2011
Keutschach/Hodiše,
Pfarrkirche
Keutschach/Hodiše,
Panorama, Boštjan Burger
Vokalni kvintet ‚Zvezda‘ iz
Hodiš, Kje je moj mili dom urkundlich als Chodesach nach dem slowenischen Loka-
tiv des →
Ortsnamens erwähnt. K./H. zählt zum Di-
alektbereich des slowenischen →
Rosentaler Dialekts
(rožansko narečje).
Das organisierte slowenische Kultur- und Vereins-
leben beginnt 1903 mit der Gründung der Hranilnica
in posojilnica [Spar- und Darlehenskasse] (→ Genos-
senschaftswesen) und 1904 mit der Gründung des
Pevsko društvo →
Zvezda [Gesangsverein Zvezda],
dem Vorläufer des heutigen Slovensko prosvetno dru-
štvo Zvezda [Slowenischer →
Kulturverein Zvezda].
Der Verein errichtete das im Jänner 1927 fertigge-
stellte Vereinsgebäude Dom sv. Jožefa [St. Josefshaus].
Aus dem Jahr 1767 stammt die vielfach handschriftlich
tradierte Übersetzung des → Antikrist vom sloweni-
schen Volkspoeten Matija Žegar (→ Bukovništvo).
Aus K./H. war auch der → Volkslied-Sammler Jurij
→
Lulek. Mit Hani Weiss (1917–1943) aus Dobein/
Dobajna bei Keutschach/Hodiše verloren die Slowe-
nen an der russischen Front bei Charkow einen viel-
versprechenden Poeten und Prosaisten. Er war eifriger
Mitarbeiter des Studentenblattes Zvezda und der von
slowenischen Theologen herausgegebenen Zeitschrift Bratoljub (→ Publizistik), schrieb patriotische Lyrik
und Prosa, unterhaltsame Kurzgeschichten und Erzäh-
lungen sowie als Regisseur auch Bühnenstücke. Von al-
ledem ist jedoch nur eine drollige Kurzgeschichte unter
dem Titel Mučna pomota [Peinlicher Irrtum] erhalten
geblieben (Zablatnik, 177).
Neben den kupferzeitlichen Pfahlbauten im See (seit
2011 transnationales UNESCO-Welterbe) sticht die
für die allgemeine slowenische → Kulturgeschichte in
der Region relevante dreischiffige, 1237–1242 errich-
tete romanische, den Hll. Georg und Bartholomäus
(sv. Jurij in Jernej) geweihte Pfeilerbasilika und Pfarr-
kirche mit spätgotischen und spätbarocken Erweite-
rungen hervor. K./H. war noch in der Ersten Republik
eine slowenische Pfarre mit weitgehend slowenischer
Bevölkerung (→ Pfarrkarte der Diözese Gurk/Krška
škofija 1924). Die Friedhofsmauer geht möglicher-
weise ursprünglich auf eine Wehranlage (tabor) zu-
rück (→ Wehrkirche). Das Schloss, insbesondere
aber auch die gotische Totenleuchte aus der zweiten
Hälfte des 13. Jh.s deuten auf überregionale Prozesse
der → Inkulturation hin. Die vorhandene bäuerliche
→ Volksarchitektur ist ebenso in der slowenischen
kulturgeschichtlichen Tradition verwurzelt wie der
Pfeilerbildstock in Leisbach/Ležbe aus 1680 (Polzer
Kreuz oder Leisbacher Kreuz, slow. Polcerjev križ oder
križ na Ležbah), der bereits im 19. Jh. mehrfach res-
tauriert wurde, wie dies die lateinische Inschrift besagt
(→ Bildstock).
Von kulturgeschichtlicher Bedeutung sind die nach
Dehio an der Außenwand der Pfarrkirche angebrach-
ten bemerkenswerten Steine. Einerseits ist dies die
»romanische Grabplatte mit der Inschrift ?WLVERVS
und andererseits der vorromanische Ritzstein (Aufer-
stehungssymbol ?) mit Weihekreuzchen« (Dehio, 341)
aus Kalkstein mit den Maßen 124 x 70 cm.
Nach Stopar, Cevc folgend, ist auf dem vorro-
manischen Ritzstein eine stehende Figur mit erhobe-
nen Händen dargestellt, bei der der Kopf durch einen
Kreuznymbus ersetzt ist, wobei es sich um ein einzigar-
tiges Denkmal des bereits christianisierten → Karanta-
nien aus der 2. Hälfte des 8. Jh.s handelt, das Christus
oder ein komplexeres christologisches Symbol darstellt
(→ Christianisierung). Fischer bezeichnet es als das
Ȋlteste Denkmal der Christianisierung der Slowenen
– [ein] vorromanisches Relief in Keutschach/Hodiše«.
Nach Zadnikar handelt es sich um ein Artefakt »der
noch nicht christianisierten Slawen, also Slowenen […],
also ist es vielleicht ein slowenisches, noch heidnisches
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur