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Klagenfurter Feld/Celovško polje
[S. 62] allmählich erst um 1600) : Um 1500 wurde
der Ruš-Bauer (Besitzer der Ruschhube in St. Loren-
zen/Šentlovrenc) »als wehrhafter Edlinger zu Mann-
schaftsdiensten verpflichtet« (Wadl, 156, → Edlin-
gerdienste).
Im Gebiet der heutigen Gemeinde Magdalensberg/
Štalenska gora bestanden zu jener Zeit 10 kleine Burg-
friede, das sind Dorfgerichte von Edlingerbauern (etwa
in St. Lorenzen/Šentlovrenc noch 1570), d. h., dass
neben der feudalen und kirchlichen noch eine tradi-
tionelle eigenständige und prestigereiche Organisati-
onsform existierte (→ Edlingergerichtsbarkeit, → Per-
sonalitätsprinzip). Aus diesen gingen in der Folge die
Katastralgemeinden hervor (Wadl, 80 f.). Der Schu-
rianhof (Šurian) steht in Verbindung mit einer aus ei-
nem Edlingergeschlecht aus Tessendorf/Tesnja vas ent-
stammenden Familie, die 1652 geadelt worden war und
seit 1676 zu den Kärntner Landständen zählte (Wadl,
168). Erst 1602 wurde das sog. Brennamt in Porten-
dorf/Partovca, das mit den Wehrpflichten der Edlinger/
kosezi in Verbindung gebracht wird, als »unchristlich«
erklärt und von habsburgischen Beamten aufgehoben,
wobei die Familie Mordax, der der Edlingerhof im
15. Jh. im Erbwege zugefallen war, sich in der Folge
dem →
Protestantismus zugewandt hatte, weshalb ein
Zweig 1629 nach Nürnberg emigrierte (Wadl, 148).
Nach Wadl scheinen die Matzendorfer, Mödern-
dorfer, Krebsenbacher und Portendorfer zu jener Ed-
lingerschicht zu gehören, die im heutigen Gemeinde-
gebiet von Magdalensberg/Štalenska gora den Aufstieg
unter die Edelknechte vollzogen haben, im Verlauf des
Mittelalters aber erloschen sind (S. 181). Wadl the-
matisiert zudem den Unterschied zwischen den bäuer-
lichen »Huben« und den bereits aristokratischen »Hö-
fen«. Der Begriff Hof sei für Objekte reserviert gewesen,
die eine besondere Rechtsqualität hatten. Als Hof
habe man nämlich nur Anwesen bezeichnet, die kei-
ner Herrschaft unterstanden haben (z. B. der Eibelhof)
oder aber zumindest früher herrschaftlich gewesen wa-
ren (z. B. der Schurianhof [Wadl : 75 f.]). Dies führt
zur Annahme, dass in den von Wadl identifizierten
Edlingerdörfern und der von ihm skizzierten Erbfolge
und Entstehungsgeschichte der Dörfer zumindest lo-
kal auf dem Gemeindegebiet von Magdalensberg/
Štalenska gora eine interessante offensichtliche Kon-
tinuität zwischen den ursprünglichen Edlingern/kosezi
und den jeweils dominierenden Höfen in den einzelnen
Dörfern bestanden hatte (Merlinghof/Merlin, Toman-
hof/Toman, Eibelhof/Ovčjak, Sillehof/Žilje usw.). Das moderne Gemeindewappen von Poggersdorf/
Pokrče nimmt mit der Darstellung einer Schäfer-
schippe und einer Lanze mit gekreuzten Schäften un-
mittelbar Bezug auf die Tradition der Edlinger/kosezi
in der Gemeinde, zumal nach Deuer der Herzogbauer
aus Blasendorf/Blažnja vas eine Hube in Poggersdorf/
Pokrče besaß.
Die → Flurnamen in St. Thomas am Zeiselberg/Šent-
tomaž pri Celovcu und den umgebenden Pfarren und
Gemeinden weisen darauf hin, dass dieser Forschungs-
bereich im gesamten K. F./C. p. wertvolle kulturhis-
torische Erkenntnisse beizusteuern vermag. Erstmal
wurde im Rahmen der vorliegenden Enzyklopädie ei-
nige zweisprachige Ortsnamen erfasst (so Schöndorf/
Lepa vas oder Roseneck/Rožnek und Dürnfeld/Suho
polje) sowie der nichtamtliche Ortsname →
Joschap
(bzw. Joschapsiedlung)/Jožap, der zudem in seiner lin-
guistischen Dimension dargestellt wurde. Darauf auf-
bauend wurden die → Vulgonamen mit besonderer
Berücksichtigung jener in der Altgemeinde St.
Thomas
am Zeiselberg/Šenttomaž pri Celovcu und Umgebung
dargestellt.
In Leibsdorf/Ličja vas (Gemeinde Poggersdorf/Po-
krče) befand sich nach Fister ein ovaler spätmittelal-
terlicher Tabor bzw. eine → Wehrkirche zur »Türken-
abwehr« ; ebenso war nach Fister die Gipfelkirche auf
dem Magdalensberg/Štalenska gora befestigt. Dehio
weist zudem die Pfarrkirche von St.
Thomas am Zeisel-
berg/Šenttomaž pri Celovcu als ehemaligen Tabor aus.
Jedenfalls konzeptualisierte Primož → Trubar 1564
das Slowenische in seiner Slovenska Cerkovna ordninga
[Slowenische Kirchenordnung] nicht nur als Kirchen-
sprache, sondern auch gleichsam als überregionale na-
tionale Schrift- bzw. → Standardsprache (da Kirchen-
ordnungen eine Prärogative der Feudalherren waren)
in einer Zeit, als die Edlinger/kosezi vom K. F./C. p.
ein zwar im Niedergang befindlicher, aber im histo-
rischen Bewusstsein aufgrund ihrer Funktion bei der
→ Fürsteneinsetzung durchaus fest verankerter Stand
waren, wie es von den Landständen bzw. den Vertretern
der → Windischen Ideologie des Herzogtums Kärnten/
Koroška wiederholt hervorgehoben wurde. Trubars
Konzept entsprach in Kärnten/Koroška sowohl eine
rechtliche als auch eine gesellschaftspolitische Realität
des Slowenischen (vgl. M. G. → Christalnick, J. H.
→ Megiser, → Adelssprache, → Landessprache).
Die → Klagenfurter Marktordnung aus 1793 be-
zeugt ihrerseits, dass Deutsch in dieser Zeit auch in-
tra-muros noch nicht → Lingua franca war und es eine
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur