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Klagenfurter Handschrift
Klagenfurter Handschrift/
Celovški rokopis, KLA
4. 2011, 4–6 ; B.-I. Schnabl : Celovško polje, neznani zaklad osrednje slo-
venske kulturne pokrajine. In : KK 2013. Celovec 2012, 112, 116–118.
Katja Sturm-Schnabl
Klagenfurter Handschrift, slow. Celovški rokopis oder
Rateški rokopis (Handschrift von Rateče) vom Ende des
14. Jh.s (zwischen 1362–1390), nach den → Freisinger
Denkmälern das zweitälteste liturgische Schriftdenk-
mal, das in slowenischer Sprache erhalten geblieben
ist und aus Kärnten/Koroška stammt, gleichzeitig die
erste erhaltene überdialektale slowenische mittelalter-
liche Handschrift, die drei grundlegende Gebetsfor-
meln enthält : das Vaterunser (Ot∫cha na∫s − Oča naš),
das ›Gegrüßet seist du Maria‹ (Cze∫t∫chena ∫y maria −
Češčena si Marija) sowie das Glaubensbekenntnis (Ya∫t
veruyo wu boga oth∫cho w∫emogot∫chiga − Jast verujo
vu boga očo vsemogočiga).
Kalligrafisch niedergeschrieben wurde die Hand-
schrift auf der Innenseite des letzten, wahrscheinlich
aus einem Missale entnommenen Pergamentblattes
in gotischer Buchminuskel (→ Schrift). Sie ist mit
drei farbigen Initialen versehen. Auf der Rückseite
befinden sich Aufzeichnungen jüngeren Datums einer
Bruderschaft mit slowenischen, deutschen und lateini-
schen →
Personennamen aus 1467 und 1471, die die
interkulturellen Beziehungen belegen und die wegen
der Nennung des Ortes Rateče sowie der Pfarrer aus
Podkoren und Naklo insbesondere für die slowenische
→ Namenkunde von Bedeutung sind. Entdeckt wurde
die Handschrift 1880 vom Sekretär des → Geschichts-
vereins für Kärnten, Baron von Hauser. Bereits 1881
veröffentlichte Gregor → Krek ein Faksimile mit ei-
nem sprachwissenschaftlichen Kommentar in der Kla-
genfurter Zeitschrift → Kres. Aufbewahrungsort ist das
Kärntner Landesarchiv in Klagenfurt/Celovec (→
Slo-
venica im Kärntner Landesarchiv).
Die Datierung zwischen 1362 und 1390, die Iden-
tifizierung des Ortes des Entstehens (Rateče bzw. des-
sen Umgebung am Oberlauf der Save) sowie die Art
der Niederschrift (eine kalligrafische Abschrift eines
Schreibers, der des Slowenischen nicht kundig war,
nach der Vorlage des Gailtaler Vikars der Filialkirche
Rateče, die zur Pfarre → Maria Gail/Marija na Zilji
zählte, und zwar auf der Grundlage einer ersten älteren
Niederschrift eines Priesters aus Kranjska Gora) stützte
Ivan →
Grafenauer auf neuere historische Studien
von M. Miklavčič nach der Veröffentlichung von vier
von Bischof Žiga (Sigismund) Lamberg vidierten Ur-
kunden, auf dialektologische Studien von Tine Logar zur Zgornjesavska dolina (oberes Savetal), auf paleo-
grafische Analysen von Milko Kos sowie auf schrift-
liche und sprachliche Besonderheiten im Vergleich zu
althochdeutschen und lateinischen Vorlagen. Das hohe
Alter des Vaterunsers und des Glaubensbekenntnisses
sowie deren Datierung in die Zeit der → Christiani-
sierung im 8. Jh. begründet Grafenauer mit dem
→ Archaismus der Übersetzung nach deutschen Vor-
lagen von bogatstvo ›Reichtum‹ für Königreich sowie
mit einigen morphologischen Archaismen (der Ge-
brauch dreier verschiedener Formen des Aorist im
Glaubensbekenntnis (yide, yiede, wstaa ›hinabgestiegen,
auferstanden, aufgefahren‹), zu der noch die Form seydi
aus *sědě nach Matej Šekli 2008 kommt. Das ›Ge-
grüßet seist du Maria‹ ist hingegen jüngeren Datums
und wahrscheinlich im 12. Jh. entstanden. Grafe-
nauer stellt einen überdialektalen Charakter der K.H.
fest, wobei dialektale Merkmale der Gorenjska (Ober-
krain) vorherrschen, einzelne (3) slowenische Gailtaler
Charakteristika identifiziert werden können sowie ein
Merkmal, das dem Dialektbereich der Dolenjska (Un-
terkrain) zuzuschreiben ist, das aber auch als eine ältere
Eigenheit der Gorenjska vor der Monophtongisierung
interpretiert werden kann. Jüngere Studien von Šekli
haben die dialektale Einordnung der Handschrift
zum Dialektbereich der Gorenjska bestätigt, da auch
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur