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Kmečka zveza
sowie die Mitglieder der Landwirtschaftskammer ge-
wählt werden. Die politische Führung der Kärntner
Slowenen begrüßte die ständische Bauernvertretung
und sprach von der Notwendigkeit einer starken, agilen
bäuerlich-landwirtschaftlichen Organisation, die eine
Säule der Beständigkeit und sozialen Festigkeit des
Standes sein sollte. Noch vor der formalen Gründung
des Bauernbundes begann der → Koroški Slovenec mit
seinem Kampf gegen den liberalen Landbund, den er
bezichtigte, Schuld an der bestehenden wirtschaftli-
chen und sozialen Notlage zu sein, sowie gegen die So-
zialdemokraten, gegen die er die individuellen Rechte
und insbesondere das Recht auf Eigentum zu schützen
vorgab.
Die K. zv. begann den Wahlkampf als Wahlgrup-
pierung und unterstrich, dass sie die einzige Vertreterin
der wirtschaftlichen Interessen der Südkärntner Bau-
ern sein wolle. Dem Herrenbauer-Landbund sprach
sie die Legitimität der Vertretung ab, die er mit seiner
liberalen Haltung und seinem spaltenden Wirken ver-
spielt habe, und den Sozialdemokraten deshalb, weil sie
in den Familien und in den Dörfern Zwietracht und
Hass säten. Vor den Wahlen veröffentlichte die K. zv.
ihr Programm, das auf der christlichen Solidarität auf-
baute und das davon sprach, keinen Kampf zwischen
den Besitzern und dem Gesinde, zwischen den kleine-
ren und den größeren Bauern zu wollen, sondern die
ständische Wechselseitigkeit der Südkärntner Bauern,
Handwerker und Arbeiter propagierte. Die K. zv. kün-
digte an, sich für die Stärkung des Südkärntner Bau-
ernstandes einzusetzen, sowie für eine Verbesserung
der Viehzucht, für eine Reform der Sozialgesetzgebung,
für die Korrektur der bewussten Vernachlässigung der
Landwirtschaft in den slowenischen Tälern und für die
Anpassung des Volksschul- und Fachschulwesens an
die Südkärntner Verhältnisse.
Bei den Wahlen erreichte sie 2.572 Stimmen oder
13,53 %. Gewählt wurden drei slowenische Kandidaten.
Franc Mayer aus Feistritz/Bistrica in der Gemeinde
St.
Jakob im Rosental/Šentjakob v Rožu, Anton Grill
aus dem Ort Blasnitzenberg/Plaznica sowie der Pfar-
rer Vinko (Vinzenz) → Poljanec. Als Virilist kam
schließlich noch Janez →
Vospernik in die Kam-
mer, der in ihr die Zveza koroških zadrug [Verband der
Kärntner Genossenschaften] vertrat (→ Genossen-
schaftswesen). Die K. zv. hatte die absolute Vormacht-
stellung in den Bezirken Rosegg/Rožek, → Ferlach/
Borovlje, Eberndorf/Dobrla vas und → Bleiburg/Pli-
berk. Durchaus gut vertreten war sie in drei Südkärnt- ner Bezirken : Villach/Beljak, Klagenfurt/Celovec und
→ Völkermarkt/Velikovec. In → Südkärnten/Južna
Koroška bekam sie mehr Stimmen als alle deutschen
Parteien zusammen.
In der Kärntner Landwirtschaftskammer wirkten
ihre Vertreter in verschiedenen Ausschüssen, so war
Janez Vospernik z. B. im Statutarausschuss. In der
Kammer setzte sich die K. zv. für eine Stabilisierung
der Preise für die landwirtschaftlichen Produkte ein,
für eine Verringerung der Zinsen für Bauernkredite,
für die Regelung der bäuerlichen Schulden und lehnte
den Steuerboykott der Landbündler ab ebenso wie
die Streichung der Schulden der Großbauern bei der
Krankenkasse. Sie setzte sich für eine Fachausbildung
der Bauern in slowenischer Sprache ein sowie für eine
slowenischsprachige Bauernzeitung. Die K. zv. war in
der Tat eine bedeutende Wirtschaftorganisation der
Slowenen von Egg bei Hermagor/Brdo pri Šmohorju
bis Bleiburg/Pliberk.
Die Behörden bestätigten die Statuten der K.
zv. am
9. März 1933. Zum Vorsitzenden wurde Anton Grill
aus Blasnitzenberg/Plaznica gewählt. Nach einigen
Monaten der Tätigkeit der K. zv. kam diese zu dem
Schluss, dass sich hinsichtlich der Landwirtschaftspo-
litik nichts geändert habe, dass der liberale Landbund
die Politik vorgebe und dass der Apparat in den Hän-
den der Beamten des ehemaligen Landeskulturrates
sei. Auch mit der Forderung nach einer slowenischen
Beilage zu den Landwirtschaftlichen Mitteilungen hatte
sie keinen Erfolg. Als eigenständige Organisation hatte
sie ein sehr kurzes Leben. Bereits im Mai 1934 ver-
ordnete das Bundeskanzleramt autoritär eine neue Or-
ganisation der Kärntner Bauern unter der Leitung des
christlichsozialen Hermann Gruber. Die K. zv. trat
korporativ dem neuen Kärntner Bauernbund bei, ging
in ihm auf, wehrte sich jedoch erfolgreich gegen eine
individuelle Mitgliedschaft der Kärntner Slowenen in
ihr und vertrat die Ansicht, dass der Erhalt der Wirt-
schaftsorganisationen der Volksgruppe weiterhin not-
wendig sei. Alle Aufgaben der K. zv. übernahm schritt-
weise der Kärntner Bauernbund. Die Kammer wurde
am 9. Oktober 1935 aufgelöst, am 31. März 1936 wie-
der eingerichtet, doch hatte darin der Kärntner Bau-
ernbund mit seinen ernannten Mandataren alle Macht
in der Hand. Die K. zv. begrüßte die Ernennung von
Karl → Mikl und Albert → Breznik in den ständi-
schen Landtag (→ Abgeordnete, → Minderheit). Am
Jahrestag der Errichtung des Ständestaates vertrat die
K.
zv. die Ansicht, dass sowohl die Bundes- als auch die
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur