Page - 648 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
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Kmet, Marija
Marija Kmet
Landesverfassung die Kärntner Slowenen enttäuscht
hätten. Sie unterstrich ihre Bereitschaft, in den stän-
dischen Korporationen mitzuwirken, meinte jedoch,
dass die slowenischen Bauern noch immer nicht ihr
ständisches Publikationsorgan hätten, ja nicht einmal
eine Beilage zum deutschen Blatt, und dass sie bei der
fachlichen Ausbildung in ihrer → Muttersprache stark
benachteiligt seien. Ihre Hoffnungen wollte sie noch
weiterhin in Kanzler Schuschnigg und in ein christ-
liches Österreich setzen. Bei den »Wahlen« im Oktober
1936 konnte die K. zv. nicht antreten. Wählen durften
lediglich die Mitglieder des Kärntner Bauernbundes.
Die autoritären Machthaber hatten zuvor eigenmäch-
tig auf allen drei Ebenen die Bauernvertreter bestimmt
und dabei den Einfluss der slowenischen Bauern und
der K.
zv. stark untergraben, so dass Letztere praktisch
nur noch auf dem Papier bestand. Aus dem Vereinsre-
gister wurde sie am 12. August 1938 von den nazisti-
schen Machthabern gelöscht.
Lit.: ES. – K. Erker : Von Maria Theresia zur EU. Geschichte und Wir-
ken der landwirtschaftlichen Berufsvertretungskörperschaft Kärntens im
Spiegel der eigenen Presse. Klagenfurt 2003.
Avguštin Malle ; Üb.: Bojan-Ilija Schnabl
Kmet, Marija (* 31. Jänner 1891 Šentlovrenc na Do-
lenjskem [Dolenjska], † 1. November 1974 Ljubljana),
slowenische Schriftstellerin und Journalistin.
K.s Vater war Lehrer und starb, als sie vier Jahre
alt war. Die Mutter musste ihre sechs Kinder mit-
hilfe von Verwandten durchbringen. K. verbrachte die
ersten Jahre bei Onkel und Tante und wurde mit viel
Liebe und Wärme umgeben, hatte bei ihnen Zugang
zu den Büchern der → Mohorjeva und wurde zur Le-
seratte. Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch
(Versteigerung des Bauernhofes) mussten Onkel und
Tante in Ljubljana Arbeit suchen. Die zehnjährige K.
musste nach Maribor, wo sie die beengten Verhältnisse
der Familie und die physische Überlastung der Mutter
erlebte. Der Bruder, der Priester geworden war, ermög-
lichte die Ausbildung der drei jüngsten Schwestern. K.
und ihre Schwester beendeten die Lehrerbildungsan-
stalt. Bereits während der Schuljahre bei den Ursulinen
gründete K. die Literaturzeitschrift Lilija, die sie unter
dem Namen Svitoslava redigierte und handschriftlich
herausgab. Lidija erlebte vier Ausgaben. Während der
Schulzeit las K. Hermann Sudermann, Emile Zola,
Feodor Dostojewski, Maxim Gorki, Henryk Ibsen,
Friedrich W. Nietsche, die damals die Schriftsteller der Moderne waren. Unter ihrem Einfluss suchte K. die
Befreiung von traditionellen religiösen Vorstellungen
und die persönliche Entscheidungsfreiheit über das ei-
gene Leben (thematisiert in ihrem Einakter Mati). Die
Bevormundung der Lehrerinnen, die u. a. auch nicht
heiraten durften, thematisiert K. sehr eindrucksvoll
in dem expressionistischen Einakter Karikature. Der
Zeitgeist der Frauenbewegungen und die Bekannt-
schaft mit Zofka → Kveder führte sie in den Kreis
der Frauen, die um die Emanzipation der Frau kämpf-
ten. Ein Thema, das sie vor allem in den Erzählungen
V metežu (1925) und Helena (1921) thematisiert. Die
Problematik eines etwas behinderten Bruders zeichnet
sie in der Erzählung Torče Skočir (1920) nach. In ih-
rer Erzählung Helena und im Roman V metežu setzt K.
sehr bewusst die Stilmittel des Symbolismus ein, ohne
aber mit ihnen jene suggestive Kraft, wie wir sie bei
Ivan → Cankar kennen, dessen bedingungslose Be-
wunderin sie war, zu erreichen. Von 1910 bis 1919 un-
terrichtete sie an der Ciril-Metodova šola [Kyrill und
Method-Schule] in → Trieste/Trst/Triest. 1919, nach-
dem die Italiener Trieste/Trst/Triest annektiert hat-
ten, musste sie als slowenische Intellektuelle die Stadt
verlassen. Ihre Überzeugung, dass sie in Ljubljana eine
entsprechende Anstellung als Lehrerin erhalten werde,
bewahrheitete sich nicht. Eine Stelle in der Provinz-
stadt Tržič lehnte sie ab, worauf sie pensioniert wurde.
Danach lebte K. als freie Schriftstellerin und Journalis-
tin in Ljubljana. Mit den Večerna pisma (1926) findet K.
wieder zum Glauben ihrer Kindheit zurück (→ Frau-
enliteratur).
Werke : Marija Kmetova : Moja pota. Groblje 1933 (Autobiografie) ;
Bilke, 1920 (Sammlung von Erzählungen 1920) ; Helena, 1921 (No-
velle) ; V metežu, 1925 (Roman) ; Mati, LZ 1918 (Drama) ; Karika-
ture, LZ (1921) 241–245 (Drama) ; Notturno, LZ (1921) 742–748
(Drama) ; Večerna pisma. Ljubljana 1926 ; Bureži – brbrači. Ljubljana
1972 (Auswahl von Kinderprosa).
Lit.: ES, OVSBL. – M. Kušej : Prve učiteljice, prve pisateljice, kdo jih
še pozna. Celovec 1996 ; K. Sturm-Schnabl : Žena v slovenski literaturi
kot avtorica in kot lik. In : JiS. letnik 48, štev. 3 (1997/98) 97–107 ;
K. Sturm-Schnabl : Prve slovenske pesnice in pisateljice. In : N. Budna
Kodrič, A. Serše : Splošno žensko društvo 1901–1945. Od drobnih
deklet do feministk. Ljubljana 2003, 320–326 (Hg. Arhiv Republike
Slovenije) ; K. Sturm-Schnabl : Marija Kmet. Pozabljena slovenska
pisateljica. In : N. Budna Kodrič, A. Serše : Splošno žensko društvo
1901–1945. Od drobnih deklet do feministk. Ljubljana 2003, 327–
336 (Hg. Arhiv Republike Slovenije) ; A. Šelih, M. Antić Gaber
[e. a.] : Pozabljena polovica. Portreti žensk 19. in 20. stoletja na Slovens-
kem. Ljubljana 2007, 243–246.
Katja Sturm-Schnabl
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur