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Kralj Matjaž
Kralj Matjaž, NUK
Krajnc, Jurij, vulgo Rajdl (Vereinsvorsitzender, Kultur-
aktivist), →
Schwabegg/Žvabek, Neuhaus/Suha und
Leifling/Libeliče : Kulturarbeit seit 1882.
Kralj Matjaž [König Matthias], historische Figur und
literarisches Motiv.
In der Figur des K. M. begegnen sich Fiktion und
Wirklichkeit, mythologischer Volkssagenheld und his-
torische Person Matthias Corvinus (→ Überliefe-
rung, literarische ; → Folklore, literarische ; → Volkser-
zählung).
Matthias Corvinus (1443–1490) war der König von
Ungarn und Kroatien, der im Zuge seiner Regentschaft
die Osmanen aus dem zentraleuropäischen Raum ver-
treiben wollte. Daher unterstützte er in der Zeit der
Türkeneinfälle im steirischen und kärntnerischen Ge-
biet die ländliche Bevölkerung im Kampf gegen die
osmanische Bedrohung. Zeitweise war er mit Eli-
sabeth, Tochter des Grafen Ulrich II. von Cilli
verlobt (→ Grafen von Cilli). Als Folge des zehnjäh-
rigen Kriegs um die ungarische Kaiserkrone mit Kaiser
Friedrich III. (1479–1489) okkupierte er zeitweise
südöstliches habsburgisches bzw. slowenisches Territo- rium und erlangte als »Matthias der Gerechte« große
Popularität, da er dem einfachen Volk bessere Lebens-
bedingungen versprach als die Habsburger. 1489
marschierte Corvinus als Sieger in Wien ein. Nach
seinem plötzlichen Ableben 1490 aber kehrte Fried-
rich auf den Thron zurück.
Der Mythos des volksnahen madjarischen Herr-
schers manifestierte sich in den Volksüberlieferungen
unterschiedlicher Nationen Mittel- und Südosteuropas,
wo er mit folkloristischen Elementen des jeweiligen
kulturellen Kontinuitätsrahmens ausgeschmückt wurde.
Auch auf Slowenisch existierte eine Vielzahl an lyri-
schen, epischen und prosaischen Interpretationen bzw.
Adaptationen der Fabel. In Kärnten/Koroška soll K.
M.
der Legende nach samt seinem schwarzen Heer unter
dem Gipfel der Petzen/Peca schlafen und, sobald sich
sein Bart drei Mal um seinen Elfenbeintisch gewickelt
haben wird, erwachen, um sein Volk zu befreien. Hier
wurde der mythologische Stoff K. M. ab dem 19. Jh.
schriftlich tradiert. Der Volkspoet Andrej → Schus-
ter – Drabosnjak (→ Bukovništvo) fixierte die Er-
zählung erstmals in slowenischer Sprache : Unteršberg
al Bukeli od Matjaža (…) [Untersberg oder das Buch
von Matthias (…)]. Sie geht auf eine deutsche Volkser-
zählung über Friedrich III. und K. M. zurück. Eine
Abschrift von Schusters Umsetzung, welche mehrere
Texte umfasste, wurde später von einem Schüler Fran
→ Kotniks in St. Margareten im Rosental/Šmarjeta
v Rožu gefunden und von Letzterem 1923 in der Zeit-
schrift Čas veröffentlicht. Die zweite volkspoetische
kärntnerische Version befand sich in der 9. Abschrift
von Matija Žegars Übersetzung einer Weissagung
über den Antichristen (→ Antikrist, 1854). Die 12. Ab-
schrift berichtete eine gekürzte Form der Sage : Za pouk
in kratek čas. Od cesarja Friderika in od Matjaža, nemško,
slovenska pravljica [Für den Unterricht und Zeitvertreib.
Von Kaiser Friedrich und Matjaž, deutsch-slowe-
nisches Märchen] (1880–1890). In weiterer Folge ent-
standen in Kärnten/Koroška verschiedene Varianten
des Mythos (u. a. nach Davorin → Trstenjak), mit
denen sich erstmals Matija → Majar ausführlicher
auseinandersetzte. Für seine zahlreichen Realisierun-
gen im gesamten slowenischen Gebiet interessierte sich
zunächst v. a. Simon → Rutar.
Um die Jahrhundertwende wurde K. M. zur trans-
historischen Metapher für die Befreiung der Slowenen
und ist noch heute Sinnbild für das goldene Zeitalter.
Quellen : Kotnikova zapuščina, Študijska knjižnica Ravne.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur