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Krenc dow rajat
Krenc dow rajajo; Hochzeit
beim Golak in Dolga Brda,
September 1960
Baiernherzog Tassilo III. gegründet, also kurz nach
dessen Karantanensieg (772) (→ Karantanien). K. als
Kolonisations- und Missionsstützpunkt im von Bai-
ern und → Slawen besiedelten Traungau wurde mit
reichen Besitzungen ausgestattet ; wirtschaftliche Be-
deutung hatten etwa die Solequellen (salina) von [Bad]
Hall, die den Aufschwung des Kulturjuwels Pfarrkir-
chen förderten.
Die »Gründungsurkunde« von K. enthält auch wert-
volle Nachrichten über die Sozialstruktur slawischer
Siedler, u. a. den Erstbeleg für die Funktionsbezeich-
nung župan in der slawischen Verfassungsgeschichte
(iopan Physso) (vgl. karantanisch-slawische →
Rechts-
institutionen und → Personennamen). Im Gegensatz
zur Gründung von →
Innichen 769 bestand der Zweck
des Klosters K. nicht in der Bekehrung heidnischer
Slawen zum Christentum (→ Christianisierung). Nach
788 von einer herzoglichen zu einer königlichen (Be-
nediktiner-)Abtei geworden, sank das auch durch die
Ungarneinfälle beeinträchtigte K. nach 955 zu einem
passauischen »Eigenkloster« ohne eigenen Abt herab ;
einen solchen gab es erst wieder im Zuge der monas-
tischen Reformbewegungen seit dem frühen 11. Jh.
Kirchenpatrone sind Salvator und Agapitus. Das mit-
telalterliche K. war Sitz eines bedeutenden Skriptori-
ums und Stätte der Geschichtsschreibung. Die Krise
der Reformation und der Bauernkriege führte auch
zu ökonomischen Einbrüchen. Die wirtschaftliche
Blüte in der Barockzeit bekundete sich auch in der ar-
chitektonischen Erneuerung. Im 18. Jh. machten die
Ritterakademie und die imposante Sternwarte K. zu
einem Bildungszentrum im Land ob der Enns. Nach
den Maßnahmen Josephs II. und den napoleonischen
Kriegen konnte K. an seine frühere Bedeutung als Hort
der Bildung anknüpfen. 1891 wurde ein Stiftsgymna-
sium errichtet. Die antikirchlichen Maßnahmen des
NS-Regimes führten zur Beschlagnahme und formel-
len Aufhebung des Stiftes (3. April 1941). Im Frühjahr
1945 war K. Zufluchtsort der slowakischen Regierung
(Staatspräsident Jozef Tiso ; Ministerpräsident Štefan
Tiso – Unterzeichnung der Kapitulation am 8. Mai
1945). Die Reinstitutionalisierung des klösterlichen
Lebens erfolgte ab Sommer 1945.
Lit./Web : R. Hundstorfer : Das Stift unterm Hakenkreuz. Krems-
münster 1961 ; Kremsmünster. 1200 Jahre Benediktinerstift. Linz
1976 ; H. Fichtenau : Die Urkunden Herzog Tassilos III. und der »Stift-
brief« von Kremsmünster. In : H. Fichtenau : Beiträge zur Mediävis-
tik II. Stuttgart 1977, 62–99 ; H. Slapnicka : Das Stift Kremsmüns-
ter als letzter Sitz der slowakischen Staatsregierung. In : Zeitgeschichte 4 (1977) 195–203 ; H. Wolfram : Salzburg – Bayern – Österreich. Die
Conversio Bagoariorum et Carantanorum und die Quellen ihrer Zeit
(MIÖG Ergänzungsband 31). Wien/München 1995, bes. 356–379
(Gründungsurkunde) ; B. Pitschmann : Kremsmünster. In : Germania
Benedictina III/2 (2001) 163–252 (mit Quellen- und Literaturanga-
ben 221–246 ; zu Archivalien 246–248 ; zur Bibliotheksgeschichte
206–210) ; http://de.wikipedia.org/wiki/Stift_Kremsmünster (mit
relevanten Hinweisen).
Harald Krahwinkler
Krenc dow rajat [Kranzelabtanzen] war bei Hoch-
zeitsfeiern der Brauch der Abnahme des Brautkran-
zes, bei dem ein Steirischer (Tanz) getanzt wurde. Er
galt als einer der Höhepunkte der Feier, der gewöhn-
lich zu Mitternacht oder am Ende der Feier vollzogen
wurde. Bekannt war der Brauch in Kärnten/Koroška
und ganz besonders im → Jauntal/Podjuna und in der
→ Mežiška dolina (Mießtal) sowie in einigen Teilen
der slowenischen Štajerska (Steiermark) (→ Brauch).
Für den Brauch gibt es verschiedene dialektal gefärbte
Bezeichnungen : krenc dow rajat (→ Rosental/Rož,
Jauntal/Podjuna, Mežiška dolina [Mießtal]), krenc dol
rajat (Mislinjska dolina [Tal der Mislinja]), krenček
dol rajat [Kränzchen [ab-]tanzen] (Solčava), krencl dol
plesat [Kränzchen [ab-]tanzen] (Paški Kozjak) sowie
kranclples [Kranzeltanz] (anderswo in der slowenischen
Weststeiermark zahodna Štajerska).
Der Brauch hatte die Form eines Gesangsdialogs
zwischen dem Zeremonienmeister, dem sog. camar,
und der družica (seinem Gegenpart), wobei abwech-
selnd getanzt wurde. Eingeleitet wurde der Brauch
durch den Zeremonienmeister mit einer Einladung an
die Družica oder an die sog. mati ta šroka [die ›breite‹
Mutter], d. h. an die Patin der Braut und endete mit
einem Trinkspruch und mit der Einladung zum Tanz
an die übrigen Hochzeitsgäste. Häufig wurde nach der
Abnahme des Kranzes eine Polka getanzt.
Beispiel eines Schnaderhüpfels :
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur