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Landessprache
nische als L. rechtlich verankert (Trieste/Trst/Triest
und das Küstenland/Litorale/Primorje folgten 1850).
Die → Landesverfassung für das Herzogtum Kärnten/
Koroška (wie für eine Reihe weiterer Länder der Krone)
wurde mit kaiserlichem Patent vom 30. Dezember 1849
in beiden L. bzw. in beiden authentischen Sprachver-
sionen erlassen (→ Kundmachung [1]). In der Folge
wurden jedoch keine Wahlen zum Landtag gemäß
der Wahlordnung abgehalten und das Silvesterdiplom
1851 setzte die Märzverfassung außer Kraft, womit laut
Lehre auch die Landesverfassungen ihre Rechtsgrund-
lage verloren. Deshalb wird literaturüblich darauf hin-
gewiesen, dass diese Verfassungen weder (umfassend)
umgesetzt noch umfassend wirksam geworden seien.
Die Durchführung der Grundentlastung und der da-
durch notwendigen Justiz- und Verwaltungsreformen
einschließlich der Einrichtung von Gemeinden und
Bezirksämtern, die Kundmachung der Reichs- und
der Landesgesetzblätter auch in slowenischer Sprache,
die sich zum Teil auf gesamtstaatliche Gesetze stützen,
zum Teil aber auch im Hinblick auf die Sprachwahl
auf die Landesverfassung, sind jedoch ein deutlicher
Hinweis, dass diese Verfassungen durchaus gerade für
die slowenische Sprache bedeutsame Rechtswirkungen
zeitigten und dass sie daher formal in Kraft getreten
sind und (zumindest teilweise) auch umgesetzt wurden.
Jedenfalls war das Slowenische während der gesamten
Amtszeit des Statthalters von Kärnten/Koroška Jo-
hann N. → Schloissnigg/Šlojsnik von 1850–1859
rechtlich relevant, mit dem das zweisprachige, slowe-
nisch-deutsche Landesgesetzblatt in Zusammenhang
gebracht wird. Erst die Nachfolgeregelung der Landes-
verfassung vom 30. Dezember 1849, das Landesstatut
vom 20. Oktober 1860, maß, wie alle folgenden Lan-
desverfassungen, dem Slowenischen keine vergleich-
bare Stellung zu.
Die Oktroyierte Märzverfassung statuierte in § 5 :
»Alle Volksstämme sind gleichberechtigt, und jeder
Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Wahrung
und Pflege seiner Nationalität und Sprache.« Landes-
kultur wurde in § 35 zur Landesangelegenheit erklärt.
§
77 bis §
83 schließlich sahen vor, dass alle Kronländer
eigene Landesverfassungen erhalten sollten, die noch
»im Laufe des Jahres 1849 in Wirksamkeit treten«.
Zudem statuierte § 4 des Grundrechtspatentes über
die politischen Rechte vom 4. März 1849, eines Be-
gleitgesetzes zur Märzverfassung (RGBl. 1849/151) :
»Für allgemeine Volksbildung soll durch öffentliche
Anstalten, und zwar in den Landesteilen, in denen eine gemischte Bevölkerung wohnt, derart gesorgt werden,
daß auch die Volksstämme, welche die → Minderheit
ausmachen, die erforderlichen Mittel zur Pflege ihrer
Sprache und zur Ausbildung in derselben erhalten.«
Der Grundrechtsschutz der Oktroyierten Märzverfas-
sung ist also umfassend konzipiert.
§ 3 der op. cit. Kärntner Landesverfassung besagt :
»Die im Lande wohnenden Volksstämme sind gleich-
berechtigt, und haben ein unverletzliches Recht auf
Wahrung und Pflege seiner Nationalität und Sprache.«
(Bzw. authentische slowenische Fassung :) »U deželi
prebivajoči narodi [sic !] imajo jednako pravo in uživajo
nedotakljivo pravico za ohranjanje in oskerbovanje svoje
narodnosti in svojega jezika.« Während also die deutsche
Fassung von »Volksstämmen« spricht, wird in der slo-
wenischen authentischen Fassung der Begriff »narodi«
[Völker] verwendet (Bestimmungen gleichen Inhalts
befinden sich auch in den zeitgleichen Landesverfas-
sungen von der Steiermark/Štajerska, → Krain/Kran-
jska, von Görz, Gradisca und Istrien/Gorica, Gradiška
in Istra – nicht jedoch für Trieste/Trst/Triest).
Am 4. März 1849 wird auch das kaiserliche Reichs-
und Landesgesetzblatt-Patent erlassen, dass die Edi-
tion der Reichs- sowie der Landesgesetzblätter in den
10 Landes- bzw. landesüblichen Sprachen (slow.: na-
vadni jeziki v državi), darunter auch auf Slowenisch
vorsieht (→ Kundmachung [1]). In der Folge werden
sowohl das Reichsgesetzblatt bis 1852 sowie auch das
Kärntner Landesgesetzblatt bis 1859 auch auf Slo-
wenisch herausgebracht (Übersetzungen für einzelne
Gemeinden wurden bis 1872 erstellt und lithografisch
vervielfältigt). Auch nach der formalen Aufhebung der
Märzverfassung durch das Silvesterpatent erschienen
weiterhin, wie zuvor, die beiden Gesetzblätter in beiden
L., wobei mit dem Patent vom 27. Dezember 1852 nur
noch die deutsche Fassung als authentisch angesehen
wurde (→ Kundmachung [2]). Auf dieser Grundlage
wurde die gesamte Landesgesetzgebung zweisprachig
erlassen, Verordnungen ebenso wie auch zentrale Ge-
setzestexte von gesamtstaatlicher Bedeutung (so die
neue Strafprozessordnung 1853). Im Hinblick auf den
slowenischen amtlichen Gebrauch von → Ortsnamen
ist die vereinheitlichte und zentralisierte Struktur der
Verwaltungs- und Justizbehörden von Bedeutung, was
notwendigerweise zur Erstellung von zweisprachigen
→ Ortsrepertorien führte. Bereits in der Kärntner Land-
tagswahlordnung 1849 werden in § 3 die Wahlkreise
in beiden L. angeführt. Ein umfassend zweisprachi-
ges Ortsrepertorium für ganz Kärnten/Koroška wurde
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur