Page - 816 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
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Liedersammlung, handschriftliche
Narodna umjetnost 36/2 (1999) 99–104 ; S. Koschier : Lipa. Eine Kul-
turgeschichte von Lind ob Velden/Lipa nad Vrbo und Umgebung, (Mag.
Arbeit). Graz 2001, 118 ff.; M. Orožen (Hg.) : Tinjska rokopisna pes-
marica. Maribor 2005.
Engelbert Logar
Liedersammlung, handschriftliche (h. L.), slow. roko-
pisna zbirka pesmi. Die h. L. ist ein wesentliches Doku-
ment und Korrelat oraler Tradition. Die → Lieder sind
für den persönlichen Gebrauch zusammengestellt und
sind somit eine wichtige Quelle für den Volksgesang,
da man annehmen kann, dass sie wirklich gesungen
worden sind ; zudem bieten sie eigenwillige, interes-
sante Textvarianten. Nur selten findet man darin No-
ten. Die Melodie wäre zu schwierig aufzuschreiben und
wird auswendig behalten. Von den Slowenen wurde im-
mer neben dem weltlichen auch der geistliche Gesang
gepflegt. Geistliche h. L. liegen bei den Kärntner Slo-
wenen in größerer Zahl vor und sind aus älterer Zeit
erhalten geblieben. Manchmal gibt es nur Hinweise auf
Liedersammlungen, sie selbst sind aber verschollen.
A. Geistliche handschriftliche Lieder- und Kir-
chenliedersammlungen. Aus dem Mittelalter gibt
es Hinweise auf einzelne Lieder und Liedgattungen,
auf Bräuche und Zeremonien (z. B. St. Georgsjagen,
Sonnwendfeiern, Š 297 Kresnice). So wurde aus den
Liedern des heidnischen Dankritusgesanges bei der
Herzogeinsetzung in Kärnten/Koroška das christliche
»Kyrie eleison«, wie es im Schwabenspiegel (die Gie-
ßener Handschrift des Schwabenspiegels lautet : vnd
singent […] gemainlich iren windischen laissen das ist ir
windisch gesang vnd lobent da mit got vnd iren schepp-
fer) beschrieben ist und von dem daher Grafenauer
(Grafenauer 1944, 369) annimmt, dass es ins 8. und
9. Jh. zurückreicht und seine Spuren im →
Volkslied
hinterlassen hat. Formal sind die sog. Laissen zwischen
dem 11.–14. Jh. einreimige Strophen bzw. Versgruppen
ungleicher Länge (Chansons de geste) und werden von
Spielleuten noch heute dargeboten (Klinkert 2011).
Einen Beleg für die Verwendung der Kyrie-Gesänge
finden wir in der Handschrift aus dem Kloster Stična
(Sittich) aus dem Jahre 1428, eine Strophe des Oster-
liedes »Naš Gospud je od smerti vstal« (Grafenauer
1942, 67).
In den Tagebüchern Paolo → Santoninos aus den
Jahren 1485–87 aus Kärnten/Koroška (Gailtal/Ziljska
dolina bis Rossegg/Rožek) lesen wir mehrmals von
schönem Gesang und in St.
Jakob bei Villach/Šentjakob
pri Beljaku wäre eine größere Zahl von Mess- und anderen Singbüchern vorhanden (Santonino 1991,
48). Ab der Pfarre St. Daniel im Gailtal (Šentdanijel
v Ziljski dolini) das Tal abwärts wären Deutsche und
Slowenen gemischt wohnhaft und beide Völker wür-
den beide Sprachen sprechen, liest man ebenda (San-
tonino 1991, 37).
Einige ältere geistliche Volkslieder finden wir in
der Handschrift von Kalobje, einer Pfarre südlich von
Šentjur pri Celju, in welcher ein unbekannter Schreiber,
vielleicht Kastelec, um 1650 42 slowenische und 2
lateinische Lieder (besonders viele Marienlieder, zu-
sammen 4.100 Verse und 1 Notenbeispiel) zusammen-
trug (Liber 1973 ; ES 4, 375).
Die Sadniker-Handschrift (→
Sadnikerjev rokopis)
aus Diex/Djekše aus dem 17. Jh. enthält Abschriften
protestantischer Texte (Ramovš 1920, 282–92 ; Zab-
latnik 1985b, 90 f.). Im Jahre 1754 wurde von Lukas
→ Maurer, einem Müller im Kloster → Arnoldstein/
Podklošter, ein umfangreiches handschriftliches ka-
tholisches Kirchenliederbuch verfasst. Es enthält 90
Kirchenlieder (391 Seiten stark), die nach dem katho-
lischen Kirchenjahr gereiht sind (Paulitsch 1990,
85 f.).
Das Gebetbuch von Simon Gabernik aus dem Jahre
1780, welches in der Handschriftensammlung des Ins-
tituts für Slawistik in Wien verwahrt wird (Paulitsch
1990, 87 ff.; ÖZV 96/1993, 201) und auf der Titelseite
den Namenszug Lendovšek trägt, enthält u. a. Mari-
enlieder (Nam ktrosht ie povishov bug ano devizo, Lipa si
roshiza mati jesusa, Oh Maria roshiza, Troshtarza grish-
nikava, Oh maria oh maria/ po nabesah se sprahaiash) und
das Lied vom Sünder (Jes tabe moi jesus prosem/ poshli ti
name an krish).
Eine um 1790 entstandene 62-seitige Sammlung von
11 →
Kirchenliedern (rkp 34, S. 27–62) im → Rosenta-
ler Dialekt (rožanščina) (aus dem → Singer-Nachlass)
ist eingebettet in eine Art »Liber memorabilium«, wo
zunächst monatliche Wetterangaben (S. 1–26) und di-
verse Berechnungen enthalten sind (ca. 10 x 15 cm). Es
beginnt dann mit einem Fastenlied (V skriunosti se spus-
titi) und einem etwas längeren Totenlied (Koker dauno
te suiet stoji), danach folgen zwei Pfingstlieder, das un-
vollständige Adventlied Pastierzi na pueli samt einem
Fragment und am Ende 4 Marienlieder (zuletzt Gore,
gore grieshne sruete).
Eine umfangreiche Kirchenliedersammlung (pa-
giniert, 410 Seiten, plus 10-seitigem Register, 10 x
16 cm), bei dem allerdings die Seiten 1–5 fehlen, ist
zwischen 1764 (Jahreszahl S. 201) und ca. 1830 ver-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur