Page - 821 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
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Liedersammlung, handschriftliche
vijo (168), Tebi Marija o Mati premila (163) oder dem
Neujahrsansingelied Čakali smo novega leta (178), wel-
ches im benachbarten St. Franzisci/Želinje, jedes Jahr
erklingt und den Menschen Freude macht.
B. Handschriftliche Volksliedersammlungen. Zu
den frühesten slowenischen (gesungenen) Worten in
»weltlichen« Liederhandschriften auf österreichischem
Boden zählen wohl die in Oswald von Wolkensteins
Lied Nr. 69 (Do fraig amors – Liebesbitte) um 1416 ein-
gefügten slowenischen lyrischen Zeilen : na moi sercce /
ne dirs dobro / mille schenna / pur zschätti gais / draga griet
/ twoia, was cirka bedeutet : [Drück dich an mein Herz,
ich halte dich gut, zartliebstes Weib, was du begehrst,
liebe Marjetica, es ist nur dein]. Ein weiteres Lied von
ihm (Nr. 119) enthält das Bog de primi // jassem toge
/ na te stroio … Gott zum Gruß, ich bin dein, du bist
der Glanz (…), ähnlich wie es 200 Jahre davor (1227)
Ullrich von Liechtenstein in slowenischer Sprache
überliefert hat (→ Buge waz primi) (Mikhailov 1998,
64
ff.) (→ Minnesänger).
Es wird mitunter vermerkt, dass »die Vorliebe für den
Gesang ein charakteristisches Merkmal des slovenischen
Volkes« wäre (Hubad 1890, 210). In dem im Jahr 2004
erschienenen Corpus musicae popularis Austriacae –
Sonderband : Das Volkslied in Österreich (COMPA
2004, 174) erfährt man, die Slowenen wären »ein un-
gemein sangesfrohes Volk mit starker lyrischer Begabung«.
Selbst im → Bauernaufstand von 1515 gebrauchte man
»Ain newes lied von den krainerischen bauren Leukhup,
leukhup, leukhup, leukhüp woga gmaina«, welches sich
integriert in ein deutsches Flugblattlied aus dem 16. Jh.
erhalten hat (Kumer 1988, 41 f.).
Die Protestanten erwähnen das geistliche wie das
weltliche Volkslied mehrmals in ihren Berichten
(→ Protestantismus). Die Lebensbeschreibung des
friulanischen Historikers Nicoletti des Patriarchen
d’Alencona von Aquileia erwähnt etliche Chris-
tus-Lieder und solche von den Heiligen wie auch vom
ungarischen König Mathias (→ kralj Matjaž) und
anderen bedeutenden Persönlichkeiten (Kumer 1975,
105 ; Kumer 1986, 605 Anm.). → Valvasor erwähnt
den Zweikampf zwischen Pegam und Lamberger
(Merhar 1956, 35 f.; Kumer 1960, 41–64, Kumer
1961, 115–134 ; Kumer 1992, 85–104). Ein erstes welt-
liches slowenisches Volksliederbuch entstand um 1775
aus der Feder des Ordensmannes Pater Dizma Zakot-
nik aus Ljubljana, als dieser fünf Texte von Erzähllie-
dern (von Pegam und Lamberger, dem unglücklichen
Jäger, von König Mathias, von Jurij Kobila und von der Linde am Alten Platz) veröffentlichte (Merhar 1956,
37 ff.), SLP I, 1/1 und 42/1, die sich jedoch nicht er-
halten haben.
Im Jahre 1780 begann der Baron Žiga → Zois
(1747–1819) mit dem Sammeln von Vierzeilern, einige
Jahre später (1795) auch Valentin → Vodnik (1758–
1819), der 150 Lieder verschiedener Gattungen, z. B.
von Pegam und Lamberger, zusammentrug (Merhar
1956, 38
f.).
Auf Kärntner Boden begann Urban → Jarnik
(1784–1844) mit dem Aufzeichnen von Volksliedern.
Von den 1819 im Zusammenhang mit der »Gesell-
schaft der Musikfreunde« in Wien gesammelten an-
geblichen 100 slowenischen Volksliedern, davon die
Hälfte mit Melodien, die nach Wien abgeschickt wor-
den waren, haben sich 8 aus Kärnten/Koroška erhalten
(Deutsch 1969, 116–27), darunter in orthografischer
Übertragung : Tovna rmene bliska, Pošušajte pavri od
vas, Nojco je dro liəp večir, Puəbeč pa po puələ gre, Koliko
tavžent lədi je bu na tomu sviətə, U gartelcə rastejo rožce
lape, Gor, gor, le gor, zbudimu se (Matičetov 1971,VII).
Aufzeichner in Kärnten/Koroška waren Urban Jarnik,
Pfarrer in St. Michael am Zollfelde/Nemški Šmihel,
Eduard von Moro aus Klagenfurt/Celovec und Ja-
kob → Scheliessnig aus Bleiburg/Pliberk. Von h. L.
haben wir keine Nachrichten (Kollitsch 1952, 877).
Dies gilt ebenfalls für weitere Sammler des 19. Jh.s, von
denen zwar publizierte Lieder vorliegen, aber nur we-
nig oder keine dazugehörigen Aufzeichnungen oder
handschriftliche Sammlungen in Archiven, z. B. von
Anton → Janežič (1828–1869) Cvetje slovenskega
naroda 1852 oder Bischof Anton Martin → Slomšek
(1800–1862) Šola vesela lepega petja za pridno šolsko mla-
dino 1853.
In den Jahren 1837 und 1841 kam Stanko → Vraz
(1810–1851) nach Kärnten/Koroška, der systematisch
slowenische Volkslieder (ca. 300 Melodien) sammelte.
Es sind 8 Texte aus Kärnten/Koroška im Jahre 1839 in
dem von Stanko Vraz veröffentlichten Band Narodne
pesni ilirske (Zagreb) erschienen : Sem biw včera na se-
menje (Jarnik ; Vraz Nr. 89, S. 188), V gartelni rastejo rože
lepe (188), Ano pošto sem slišaw sem žalosten staw (190),
Ti moja djeklina ljepo (191), Čej si hodiw, čej si biw ponoči
(192), Tu mi stoji na tratica (Zilja, 193), Cew dan sen jez
pobič žvižgaw (Zilja, 193). (Kumer 1980, 39–58 ; Ku-
mer 1986 ; Czigan 1972, 105–25). Seinen Nachlass
an Liedern hat später der kroatische Sammler Franjo
Kuhač in den Južnoslovjenske narodne popievke (1.–5.
Zagreb 1878–1881, 1941) mitverwendet, wie auch eini-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur