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Liturgiesprache
Evangelien und Lesungen
(1830), Nachlass Lisca
Watzko
ratursprache feiern konnten (→ pannonische Theorie).
Die heiligen Brüder konzentrierten sich bei ihrer
Missionstätigkeit auf die Verständlichkeit der »evan-
gelischen Frohbotschaft« und übersetzten die gesamte
christliche Andachts- und liturgische Terminologie
konsequent in die »altslowenische« Sprache, wie sie
sich unter den Mährern und den pannonischen Slowe-
nen herausgebildet hatte. Diese Terminologie festigte
sich in ihrem Missionsraum langfristig. Diese christli-
che Terminologie blieb auch nach dem Ende des slawi-
schen Gottesdienstes in Pannonien (im 9. Jh.), in Mäh-
ren (im 10. Jh.) und in Böhmen (im 11. Jh.) erhalten.
Das territorial weitläufige Erzbistum Methods, das
in der Nachfolge des ehemaligen römischen Bistums
Sirmium stand, grenzte im Westen gute 15 Jahre an das
Fürstentum Karantanien (bei Fala an der Drau/Drava).
So verwundert es nicht, dass die Freisinger Denkmäler
auch in Pannonien heimisch waren, weshalb man in ih-
nen auch sog. »Pannonismen« findet. Im Missionsraum
des Bistums von Salzburg in Kärnten/Koroška sowie
von → Aquileia südlich der Drau/Drava in → Krain/
Kranjska (ab dem Jahr 810) ließ der in den Freisin-
ger Denkmälern dokumentierte Eifer zur Schaffung
neuer christlicher Termini auf der Grundlage der slo-
wenischen Wortbildungsmodelle nach. Neben den al-
ten originären Begriffen finden sich nun vornehmlich
Lehnübersetzungen. Diese wurden zunächst auf der
Grundlage des Lateinischen bzw. Ladinischen gebil-
det (z. B. angel, oltar, maša, kelich, klošter, menih, pridiga,
romar, marternik, monštranca, papež usw. [Engel, Al-
tar, Messe, Kelch Kloster, Mönch, Predigt, Wallfahrer,
Märtyrer, Monstranz, Papst]). Danach wurden im ge-
samten Mittelalter vor allem Lehnübersetzungen aus
dem Deutschen gebildet (ajfer, andaht, far, fara, gnada,
leben, ofer, šac, žegen usw. [Eifer, Andacht, Pfarrer, Pfarre,
Gnade, Leben, Opfer, Schatz, Segen]), die in der Folge
Wortfamilien bildeten (gnada, gnadljiv, pognadati ; že-
gen, žegnan, žegnati, žegnanje, usw. [Gnade, gnädig,
begnadigen ; Segen, gesegnet, segnen, Segnung/Kirch-
tag]). Die protestantischen religiösen Texte aus dem
16. Jh. haben bereits eine gefestigte Bedeutungsvielfalt
der alten liturgischen Terminologie, wie sie → Tru-
bars Postille aus dem Jahr 1558 ausweist (Jezus Kris-
tus en Odvetnik, Besednik inu Pomočnik, naš Ohranenik,
Odrešenik, Izveličar, Spravlavic usw. [Jesus Christus ein
Anwalt, Fürsprecher und Helfer, unser Bewahrer, Erlö-
ser, Heilbringer, Büßer/Friedensbringer]). Dabei finden
sich auch alte, niemals zuvor niedergeschriebene christ-
liche Feiertage (z. B. Svečnica, Postna nedela, Cvetnična nedela, Binkuštna nedela, Sveta Trojica, Velika Maša
[Lichtmess, Fastensonntag, Palmsonntag, Pfingstsonn-
tag, Heilige Dreifaltigkeit, das Hochamt]). Neben den
alten terminologischen Wortverbindungen reihen sich
neue mit dem Attribut links (z. B. britka smert, večni le-
ben, grešna povudna [der bittere Tod, das ewige Leben,
die sündhafte Begierde]) sowie mit einem alten, stilis-
tisch gekennzeichneten Attribut rechts (z. B. Oča nebeški,
Serd božji, Iagne božje, Angel božji [himmlischer Vater,
Zorn Gottes, Lamm Gottes, Engel Gottes]). Einige
Wortbildungsmuster sind besonders produktiv : jene auf
-stvo (Bogastvu = sv. Trojica, kralestvu, pridigarstvu, far-
stvu, usw. [Reichtum = Hl. Dreifaltigkeit, Königreich,
Predigertum, Priestertum]), jene auf -nje (obiskanje, pre-
rokuvanje, izveličanje, šrajanje, Jokanje, ponižanje, prekle-
tje, terplenje usw. [besuchen, wahrsagen, Seligmachung,
schreien, weinen, Erniedrigung, Verfluchung, Leiden])
sowie die Endungen auf -nik (učenik, kerščenik, pomočnik,
marternik usw. [Schüler, Getaufter, Helfer, ›Märtyrer‹]).
Bei den protestantischen Autoren ging es auch darum,
die alten christlichen Begriffe »ideologisch« neu zu be-
werten. Diese bekommen einen neuen, auch expressiven
Bedeutungsinhalt (z. B.: Papežnik, Antikrist = katoliški
duhovnik ; maša = večerja Kristusova, oltar = božja miza,
večernica = popoldanska molitev usw. [Papst-Anhänger,
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur