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Liudevit-Aufstand
auch die literatursprachliche, stilistische Vielfalt der
Syntax sowie die terminologische Vielfalt der Syno-
nyme, wie sie für die slawischen Literaturen charak-
teristisch ist. Die slowenische Standardsprache des
Zentralraumes entwickelte sich jedoch durchgehend
bis zum 19. Jh. parallel zur lateinischen und deutschen
wissenschaftlichen Literatur, zum religiösen Schrifttum
sowie parallel zur Belletristik der westlichen Sprachen.
Im slowenischsprachigen Zentralraum kam es nach
der Veröffentlichung von →
Kopitars → Gramma-
tik 1809 in der Zeit des sprachlichen Purismus in der
krainischen Schriftsprache, aber auch in den Kärntner
und slowenischen weststeirischen Varianten auf Initi-
ative einiger identitätsbewusster Priester (M. →
Rav-
nikar, Fr. Veriti, Fr. Baraga, U. → Jarnik, A. M.
→ Slomšek) zu einer systematischen Modernisierung
der traditionellen religiösen Terminologie. Deutsche
Lehnwörter wurden aus allen religiösen Textarten eli-
miniert. Sie wurden ersetzt durch originär slowenische
Entsprechungen, durch einen originären slowenischen
Wortschatz gemäß slowenischer Wortbildungsmuster
sowie durch slowenische »pannonische« Termini und
neue lexikalische Verbindungen und beschreibende Be-
griffe (z. B.: gnada – milost, far – duhovnik, mašnik, troštar
– tolažnik, gajžla – bič, ofer – dar, žegnana – češčena, žegen
– blagoslov, martra – trpljenje usw. [Gnade, Pfarrer, Trös-
ter, Geißel, Opfergabe, gesegnet, Segen, Marter/Lei-
den]). Bis zur Mitte des 19. Jh.s, vor der Vereinheitli-
chung der slowenischen Standardsprache (1854–1863),
war im Rahmen des religiösen Schrifttums der Prozess
der Erneuerung abgeschlossen. Im Wortschatz und in
der Syntax entwickelte sich die Sprache der kirchlichen
Terminologie und der syntaktische Stil der religiösen
und liturgischen Texte nach den vorgegebenen und be-
reits bestätigten normativen Gesetzmäßigkeiten weiter,
nur die Texte der Messliturgie blieben bis zum Zweiten
Vatikanischen Konzil (11. Oktober 1962–8. Dezember
1965) in lateinischer Sprache. Daneben gab es jedoch
noch die Messgebete, die bereits seit dem 18. Jh. über-
setzt worden waren und in »Messbüchern« abgedruckt
wurden.
Die christliche religiöse, gottesdienstliche Termino-
logie und jene der Riten mit ihrer charakteristischen
Vertextung aller religiösen Textarten (Gebete, Lieder,
Predigten, Katechismen, Hagiografien, mystische Texte
neben der Bibelübersetzung) förderte viele Jahrhun-
derte die Schöpfung einer entsprechenden sprachli-
chen Grundlage bzw. lenkte auch die normative Ent-
wicklung der slowenischen literarischen Terminologie und Syntax ebenso wie die stilistische Ausformung der
zentralen Schriftsprache wie ihrer regionalen Varianten.
In Kärnten/Koroška haben die slowenischen religiö-
sen Texte und die slowenische Liturgie aufgrund ihrer
regelmäßigen kollektiven Verwendung bei den hl. Mes-
sen durch Gebet und Gesang (→ Kirchenlied, geistli-
ches → Volkslied, → Liederbücher, → Chorwesen)
die Sprachkultur gehoben und die sprachliche Bildung
breiter Bevölkerungsschichten in der slowenischen
Schrift- bzw. Standardsprache im kirchlichen Bereich
(→ Pfarrkarte der Diözese Gurk/Krška škofija 1924)
und auf laizistischer Ebene (→
Bukovništvo, → Tai-
nacher Handschrift) bewirkt.
Lit.: F. Miklosich : Die christliche Terminologie der slawischen Sprachen.
Eine sprachgeschichtliche Untersuchung. Wien 1875 ; I. Whiel : Untersu-
chungen zum Wortschatz der Freisinger Denkmäler. In : Slawische Bei-
träge 78. München 1974 ; M. Smolik : Liturgika, Pregled krščanskega
bogoslužja. Celje 1995 ; M. Orožen : Liturgična terminologija v zgodo-
vinskem razvoju osrednjega in vzhodnoslovenskega knjižnega jezika (od
konca 18. stoletja) und Molitveni obrazci starejših obdobji v osrednjeslo-
venskem in vzhodnoslovenskem knjižnem jeziku. In : Poglavja iz zgo-
dovine slovenksega knjižnega jezika (od Brižinskih spomenikov do
Kopitarja). Ljubljana 1996 ; M. Orožen : Tinjska rokopisna pesmarica.
In : Zora 40. Maribor 2005 ; D. Bajt, M. Kocijan-Barle (Hg.) : Splošni
religijski leksikon (prevod iz hrvaščine). Ljubljana 2007 (Lemmata :
nabožno slovstvo, bogoslužje, bogosluni molitvenik, obred, liturgija) ; A.
Legan Ravnikar : Slovenska krščanska terminologija od Brižinskih spo-
menikov do srede 19. stoletja. Ljubljana 2008.
Martina Orožen ; Üb.: Bojan-Ilija Schnabl
Liudevit-Aufstand, Erhebung der im Südosten des
Fränkischen Reichs lebenden → Slawen 819–822.
Durch die Awarenkriege Karls des Grossen war
Pannonien bis zur Donau/Donava und Save/Sava unter
fränkische Oberhoheit gekommen. In Unterpannonien/
Spodnja Panonija regierte in der Folge der slawische
dux Liudevit (Liudevit Posavski mit Hauptsitz
in Sisak, heute Kroatien). Als dessen vor dem Kaiser
geführte Klagen gegen den anscheinend recht über-
griffigen friulanischen Herzog Cadolah ohne Erfolg
blieben, begann er im Frühjahr 819 einen Aufstand,
dem sich auch die benachbarten Krainer und ein Teil
der Karantaner anschlossen (→
Carantani, → Car-
mula, → Karantanien). Für eine relativ großräumige
Aufstandsbewegung spricht, dass sogar Karantaner aus
dem damals karantanischen oberen Ennstal oder dem
Lungau (→ Slovenia submersa) beteiligt waren und 820
die Maximilianszelle bei Bischofshofen im Salzachtal
überfielen. Im Zug eines groß angelegten fränkischen
Feldzugs unterwarfen sich zwar die Karantaner und
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur