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Maribor
Zöglinge aus ländlichen Gegenden, ungeachtet ihrer
nationalen Zugehörigkeit, war das M. eine soziale Ins-
titution, da es durch die geringen monatlichen Unter-
haltszahlungen die Gymnasialstudien erst ermöglichte.
Im Ersten Weltkrieg wurde das M. als Lazarett genützt
und nach dem Krieg wieder seiner Bestimmung zuge-
führt. Das NS-Regime löste das M. auf. Es verfiel der
Beschlagnahme.
Die slowenischen Zöglinge versammelten sich im
M. in losen Zirkeln. Der zeitweise äußerst repressive
Umgang von Marianumsleitungen mit dem Sloweni-
schen ist belegt, auch jener mit einzelnen slowenischen
Zöglingen wegen ihrer »nationalen« Betätigung. Die
anstaltseigene Bibliothek verfügte aber über neueste
slowenische Literatur bis ca. 1935. Die slowenischen
Zöglinge gaben verschiedene handgeschriebene Perio-
dika heraus. Diese waren schöngeistigen und religiösen
Inhalts und berührten am Rande auch nationale Fra-
gen, doch blieb davon wenig erhalten. Vor allem aus der
Literatur bekannt sind : Slavija, Vaje [Übungen], Lipa
[Linde] (beide entstanden in gemeinsamer Regie mit
den Seminaristen), Daničica [Der kleine Morgenstern],
Dijaški odmevi [Schüler-Echo], → Vzbudi se Sloven
[Slowene erwache], Zvezda [Stern] (→
Publizistik).
Nicht alle slowenischen Bittsteller wurden in die
Anstalt aufgenommen, einige Slowenen wurden aus
der Anstalt auch relegiert. Die Eltern mussten bei
Aufnahme eine Erklärung abgeben, dass ihr Sohn den
Priesterstand anstrebe. Die abgewiesenen oder der An-
stalt verwiesenen slowenischen Zöglinge wurden in der
Regel im Dijaški dom [Schülerheim], später im Herma-
gorashaus oder privat untergebracht. Dijaški dom und
→
Mohorjeva standen unter geistlicher Führung.
Lit.: Bericht über den Stand und die Klassifikation der Zöglinge des fb.
Knaben-Seminars »Marianum« am Schlusse des zweiten Semesters des
Schuljahres 1887/88–1936/37 [Jahresberichte mit Unterbrechungen
vorhanden] ; J. Obersteiner : Zur Geschichte des alten Klagenfurter Pries-
terhauses. In : G. Moro (Red.) : Die Landeshauptstadt Klagenfurt. Bd.
I. Klagenfurt 1970, 451–462 ; P. G. Tropper (Hg.) : Kirche im Gau. Do-
kumente zur Situation der katholischen Kirche in Kärnten von 1938 bis
1945. Klagenfurt 1995.
Avguštin Malle
Maribor, dt. (hist.) Marburg, Stadt an der Drau/Drava
und den Abhängen des Pohorje und des Kozjak-Ge-
birges in Slowenien sowie am Berührungspunkt von
voralpinem und subpannonischem Raum gelegen. Bis
1918 war M. auch die zweitgrößte Stadt des habsbur-
gischen Kronlandes Steiermark/Štajerska, Sitz des politischen und des Gerichtsbezirks sowie der lokalen
Selbstverwaltung ; nach 1918 war es die zweitgrößte
Stadt Sloweniens in jugoslawischer Zeit. Zwischen
1922 und 1929 war M. Sitz der Dravska oblast (Drau-
Obrigkeit).
Archäologische Funde bezeugen eine menschliche
Besiedlung des Raumes von M. seit der Urgeschichte.
Erstmals erwähnt wird M. 1164 urkundlich als March-
burch, als ›Festung in der Mark‹ des Grafen Bernhard
von Marburg aus dem Geschlecht der Spanheimer auf
dem Hügel Piramida über der Stadt. Die Burg entstand
wahrscheinlich schon im 11. Jh. und stellte eine bedeu-
tende Festung zur Sicherung des Drautales vor unga-
rischen Einfällen dar. Unter der Burg entwickelte sich
um 1190 eine Handwerkersiedlung, die 1209 als Markt
(forum Marchpurch) und im Dezember 1254 erstmals
als Stadt (civitatem Marpurg) genannt wird. Bis zum
Anfang des 19. Jh.s hatte die Stadt den deutschen Na-
men Marburg, der von den Slowenen in Marprok ver-
zerrt wurde.
Wirtschaftlich entwickelte sich die Stadt nach 1335,
als die Habsburger Kärnten/Koroška und → Krain/
Kranjska in ihren Herrschaftsbereich eingegliedert
hatten und in M. den gesamten Weinhandel konzen-
trierten. Ein stärkeres wirtschaftliches Wachstum ver-
hinderten die Belagerungen von Matthias Corvinus
(→ kralj Matjaž) (1480, 1481), die Türkeneinfälle (1532,
1683) sowie die häufigen Feuersbrünste und Epidemien.
Bis zur Mitte des 18. Jh.s hatte M. die Merkmale einer
von der Landwirtschaft geprägten ländlichen Ansied-
lung. Die Stadt gewann an Bedeutung nach 1729, als
eine Straßenverbindung mit Wien hergestellt worden
war. 1752 wurde M. Sitz des politischen Bezirkes und
damit Verwaltungszentrum für das Gebiet zwischen
Mur/Mura und Drau/Drava. Zu Beginn des 19. Jh.s
entstanden die ersten industriell geführten Betriebe,
die rasche Entwicklung der Industrie setzte mit dem
Ausbau der Südbahn (1846) und der Kärntner Bahn
(1863) entlang der Drau/Drava ein. M. wurde so zu
einem bedeutenden Verkehrsknotenpunkt und erhielt
1863 mit den Eisenbahnwerkstätten das erste große
Unternehmen aus dem Bereich der Metallindustrie.
Dieses beschäftigte bereits zu Beginn über 1.000 Ar-
beiter. Mit der Entwicklung der Industrie wurde die
Stadt auch ein Migrationszentrum für die Bevölkerung
des umliegenden ländlichen Raums. Und obwohl dieser
Raum weitgehend slowenisch war, übernahm die Be-
völkerung rein statistisch die einem städtischen Um-
feld »angemessenere« deutsche → Umgangssprache
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur