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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
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Page - 909 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl

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909 Militärgerichte im Ersten Weltkrieg Klubs ist hinsichtlich Kärnten/Koroška von einer »gro- ßen Zahl« von Festnahmen und zahlreichen Schikanie- rungen, vor allem Verhören und Hausdurchsuchungen, die Rede. Gar 40 % der slowenischen Priester in Kärn- ten/Koroška sowie die Mehrzahl angesehener Personen des weltlichen öffentlichen Lebens wurden während des Krieges entweder festgenommen oder hatten auf- grund von nicht fundierten Anzeigen mit dem Militär oder den Untersuchungskommissionen zu tun. Gleich- zeitig wird auch betont, dass dabei die »Festnahmen von Bauern und Bäuerinnen, von Mägden und Knech- ten« nicht berücksichtigt seien. Wegen der Verfolgung der Kärntner Slowenen wäh- rend des Ersten Weltkrieges und bereits in den Jahren davor forderte der Südslawische Klub in einer parla- mentarischen Anfrage zu diesen Ereignissen in Kärn- ten/Koroška, dass diese von einer »nicht-kärntneri- schen Kommission streng geprüft werden sollten, die vom Reichsrat oder von der Regierung einzurichten sei«. Diese Ereignisse wurden später von einer militäri- schen und einer Regierungskommission geprüft, deren Einrichtung Minister ohne Portefeuille und identitäts- bewussten Slowenen wie Ivan →  Žolger gefordert hatten. Die Ergebnisse der Kommissionen waren ver- heerend für die österreichisch-ungarischen politischen und militärischen Behörden. Aus den Berichten der Kommissionen geht hervor, dass die verfolgten Priester hauptsächlich verdächtigt wurden, serbische bzw. slawische Propaganda zu ver- breiten. So wurde der pensionierte Priester von Schief- ling/Škofiče, Jožef Svatona, vom Divisionsgericht der Landwehr in Graz im Oktober 1914 zu einem Jahr Gefängnishaft verurteilt, Anton Šturm, Priester in Egg bei Hermagor/Brdo pri Šmohorju, wurde vom Militärgericht in Klagenfurt/Celovec im April 1918 zu 18 Jahren Kerkerhaft verurteilt, weil er behauptete, dass für den Krieg nicht Serbien, sondern Österreich die Schuld trage. Dasselbe Gericht verurteilte im Oktober 1916 den Priester Ivan Volavčnik zu 15 Monaten ver- schärfter Haft, weil er bei der Kaisermesse den Altar vor dem Kaiserlied demonstrativ verlassen hatte. Ivan →  Brabenec wurde am 10. Juli 1915 verhaftet und am 6. September 1915 zu einer verschärften Kerkerstrafe von 6 Monaten verurteilt. Mehrere Priester wurden auch der Spionage für feindliche Kräfte angeklagt, wie etwa Jurij →  Trunk von der Stadtpfarre Heiligenkreuz/Sv. Križ in der Vil- lacher Vorstadt Perau/Perava, Franc →  Meško aus der Pfarre →  Maria Gail/Marija na Zilji sowie Ma- tej →  Ražun aus St.  Jakob im Rosental/Šentjakob v Rožu. So wurde etwa Trunk auf der Grundlage einer Anzeige eines seiner Pfarrmitglieder verdächtigt, »vom Kirchturm Zeichen an die Italiener zu senden«. Die Mehrzahl der verdächtigten Priester wurde nach einer mehrwöchigen bis mehrmonatigen Untersuchungshaft wieder aus der Haft entlassen. Obwohl ihnen die Be- hörden keine Schuld nachweisen konnten, wurden sie von der kirchlichen Obrigkeit versetzt. So wurden etwa Trunk nach Jezersko (Seeland) und Meško nach Črna (Schwarzenbach) versetzt. Der Spionage für die Italie- ner wurde auch der Mesner aus Trunks Pfarre, Miha Grafenauer, beschuldigt, dem aber die Behörden keine Schuld nachweisen konnten. Neben den erwähnten Priestern wurden auch zahl- reiche Zivilisten festgenommen. Die Höchststrafe erhielt der ehemalige →  Bürgermeister von Kött- mannsdorf/Kotmara vas Matej →  Prosekar, den das Gericht des 10. Armeekorps im September 1916 zum Tod durch Erschießung verurteilte, weil er gegen die Abgabe von Weizen agitiert haben soll. Später wurde seine Strafe auf 10 Monate verschärfte Haft herabge- setzt. Im Dezember 1916 wurde auch der ehemalige Gemeindesekretär von Globasnitz/Globasnica Franc Čebul zu einem Jahr verschärfter Haft verurteilt, weil er »mit russischen Militärgefangenen sympathisierte«. Wegen Herabwürdigung des Staates wurde auch der Lehrer Josef →  Jekl aus Abtei/Apače im →  Jauntal/ Podjuna für ca. einen Monat festgehalten. Das bekannteste Beispiel war die Verurteilung des Reichsratsabgeordneten Franc →  Grafenauer, der im Mai 1916 zu fünf Jahren verschärfter Haft verur- teilt worden war. Mit seinen Aussagen, dass »Russland eine Großmacht« sei, die »mehr Weizen« habe, dass ein Reservist zu den Italienern geflüchtet sei, »weil dort die Erde besser sei«, und »dass es nichts Besonderes sei, wenn ein Mädchen einen Russen« habe, habe er nach Ansicht des Gerichts Österreich-Ungarn herabgewür- digt und die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört. Obwohl Grafenauer nach der Generalamnestie im Sommer 1917 aus der Haft entlassen wurde, wurde ihm sein Reichsratsmandat nicht mehr zuerkannt und sein Platz im Reichsrat blieb bis zum Ende des Ersten Weltkriegs unbesetzt. Wegen der dargestellten Verfolgungen und der allge- mein schwierigen Situation der Kärntner Slowenen in den ersten Kriegsjahren ist es nicht verwunderlich, dass die kärntnerslowenischen Politiker zu den ersten Un- terstützern der staatsrechtlichen Verselbstständigung
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Subtitle
Von den Anfängen bis 1942
Volume
2 : J – Pl
Authors
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
502
Categories
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 547
  2. Lemmata Band 2 J – Pl 549
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