Page - 943 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
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Nachbarschaft/soseščina (soseska) im Unteren Gailtal/Spodnja Ziljska dolina
zirksbehörde. Die Verwaltung des Vermögens und die
Geschäftsführung der Na./so. obliegt einem zumeist
auf drei Jahre aus dem Kreis der Anteilsberechtigten
gewählten, mehrköpfigen Ausschuss/Wirtschaftsaus-
schuss, dem ein Obmann vorsteht, der die Na./so. auch
nach außen vertritt, und dessen Mitglieder verschie-
dene Funktionen (Kassier, Schriftführer, Organisation
des Weidebetriebes etc.) ausüben. Die Besitzgrößen
der einzelnen Na./so. bzw. Agrargemeinschaften in
→
Südkärnten/Južna Koroška sind höchst unterschied-
lich. Einige von ihnen umfassen heute mehrere Hun-
dert, andere hingegen nur wenige Hektar land- und
forstwirtschaftliche Fläche.
Besondere Bedeutung besaßen die Na./so. im Un-
teren Gailtal/Spodnja Ziljska dolina, wo sie auch ein
bedeutender Wirtschaftsfaktor waren, da Teile der
land- und forstwirtschaftlichen Flächen, v. a. die bis zur
Grundablöse in Herrschaftsbesitz stehenden Almen
und Hochwälder, gemeinschaftlich genutzt wurden.
Die gemeinschaftliche Nutzung umfasste im Rahmen
der Frühjahrs- und/oder Herbstweide auch Acker-
und Wiesenflächen, die zum Gutsbestand einzelner
Hofstellen gehörten, insbesondere die für die Unter-
gailtaler Pferdezucht bedeutenden und ausgedehnten
sog. Moosflächen mit ihren »sauren« Wiesen. Zugleich
traten die einzelnen Na./so., in den Quellen bis ins 19.
Jh. zumeist als Ortschaft bezeichnet, auch als Träger der
lokalen Identität auf, da ihnen bzw. ihren Sprechern
die Vertretung der einzelnen Dorfgemeinschaften
nach außen oblag. Nach der Grundablöse des Jahres
1848 wurden die von den einzelnen Na./so. genützten
Almflächen in deren Eigentum übertragen, ebenso ein
Teil des herrschaftlichen Hochwaldes, während andere
Waldflächen als Hauswald nach einem Verteilungs-
schlüssel den einzelnen Hofstellen zugewiesen wurden.
Das Ausmaß der dabei ins Gesamteigentum der Na./
so. bzw. ins Eigentum der einzelnen Besitzer übertra-
genen Waldflächen war unterschiedlich groß, begüns-
tigte jedoch insgesamt die Na./so. und Bauern auf der
waldreicheren Schattseite des Tales. Als Träger loka-
ler Identität waren einzelne Na./so. auch im Zeitalter
des nationalen Differenzierungsprozesses von Bedeu-
tung. Dies galt insbesondere für die Na./so. Achomitz/
Zahomec (Zahomška soseska), die etwa die Tätigkeiten
der einzelnen slowenischen Vereine (v. a. Kulturverein
→
Zila) im Besonderen förderte und finanziell unter-
stützte und darüber hinaus bis in die zweite Hälfte des
20. Jh.s maßgeblicher Träger und Financier von Ge-
meinschaftsprojekten und -einrichtungen im Ort war. Einen Einschnitt in die Verwaltung und das Ver-
mögen, insbesondere der historischen Na./so. im Gail-
tal/Spodnja Ziljska dolina, bedeutete die Grenzzie-
hung nach dem Ersten Weltkrieg, da die zum Teil im
→ Val Canale/Kanaltal/Kanalska dolina befindlichen
Alm- und Waldflächen nunmehr auf italienischem
Staatsgebiet lagen. Diese wurden 1939 enteignet. Die
Verhandlungen über die Entschädigung des enteigne-
ten Besitzes wurden erst zu Beginn der 1970er-Jahre
abgeschlossen.
Quellen : Neben Beständen des KLA (u. a. Allgemeine Handschrif-
tensammlung ; Franziszeischer Kataster der Steuergemeinden Ho-
henthurn/Straja vas, Dreulach/Drevlje und Feistritz a. d. Gail/
Bistrica na Zilji) wurde zur Abrundung der Darstellung der relativ
geschlossen überlieferte Quellenbestand des Archivs der Nachbar-
schaft Achomitz/Zahomec, der bis ins 18. Jh. zurückreicht, heran-
gezogen, ergänzt durch Unterlagen aus dem Archiv Wiesflecker/
Schnabl (Achomitz/Zahomec), die die Nachbarschaft Achomitz/
Zahomec und benachbarte Agrargemeinschaften betreffen und
ebenfalls bis ins frühe 18. Jh. zurückreichen, sowie Unterlagen zur
Nachbarschaft Feistritz/Bistrica n. Z. und weiteren Untergailtaler
Agrargemeinschaften und Handakten zur Regulierung der Weide-
rechte im Rahmen zweier Kommassierungen im Raum Feistritz-
Saak-Emmersdorf/Bistrica-Čače-Smerče, die ÖR Ing. Josef Wies-
flecker (Feistritz a. d. Gail/Bistrica na Zilji) zur Verfügung stellte.
Milka Kriegl aus Achomitz/Zahomec für den slowenischen Begriff
soseščina für Nachbarschaft.
Lit.: Neben den Gesetzessammlungen F. Bischoff, A. Schönbach :
Steirische und Kärnthische Taidinge. Wien 1881, v. a. 415–450 ; M.
Wutte : Kärntner Gerichtsbeschreibungen. Wien 1912 ; M. Wutte : Die
Bildung der Gemeinden in Kärnten. In : Carinthia I 113 (1923), 8–37 ;
M. Wutte : Die Einführung des Dorfrichteramtes in Kärnten. In : Carin-
thia I 114 (1924), 31–32 ; W. Haller : Die Entwicklung der Agrarge-
meinschaften in Osttirol. Wien 1947 ; T. Tiefenbacher : Die Bildung der
Nachbarschaften im Lesachtal. In : Carinthia I 136–138 (1948), 100–
107 ; H. Michor : Geschichte des Dorfes Feistritz an der Gail. Feistritz-
Nötsch 1950/51, Bd. 1, v. a. 55–66, 139–141 ; W. Fresacher : Der Bauer
in Kärnten. II. Teil. Das Freistiftrecht. Klagenfurt 1952 ; K. Dinklage :
Geschichte der Kärntner Landwirtschaft. Klagenfurt 1966 ; W. Haller :
Die Entwicklung der Kärntner Agrargemeinschaften im allgemeinen
und der Villacher Agrargemeinschaften im besonderen. In : Carinthia I
157 (1967) 650–687 ; P. Wiesflecker : Feistritz an der Gail. Ein Dorf
im Schnittpunkt dreier Kulturen. Feistritz/Gail 2003, v. a. 239–246 ;
P. Wiesflecker : Hohenthurn. Geschichte eines Lebensraumes und seiner
Menschen. Klagenfurt 2009, v. a. 292–301 ; P. Wiesflecker : Planšarstvo
in letoviščarstvo. Nekaj iz zgodovine treh spodnjeziljskih planin/Alm-
wirtschaft und Sommerfrische. Aus der Geschichte dreier Untergailtaler
Almen. In : KMD 2010. Klagenfurt/Celovec 2009, 55–61 ; P. Wies-
flecker : »… Živela je v stari štalci, … kuhala je kar na tleh …«. Reveži
in skrb zanje v 19. stoletju in v začetku 20. stoletja ob primeru župnij
Ziljska Bistrica in Gorje na Zilji. In : KMD 2013. Klagenfurt/Celovec
[e. a.] 2012, 49–55 ; P. Wiesflecker : »V pvanjah«. Delo in vsakdanjik
na spodnjeziljskih gorskih travnikih. In : KMD 2014. Klagenfurt/Ce-
lovec [e. a.] 2013, 58–65 ; P. Wiesflecker : Im Schatten Südtirols oder :
»Wir sind keine Bombenwerfer und subversiven Elemente !« Enteignung
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur