Page - 958 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
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Oblak, Vatroslav Ignacij
Lit./Web : SBL ; Slovenska biografija (Josip Wester : www.slovenska-
biografija.si/oseba/sbi392008/, mit weiterführender Bio-Bibliogra-
fie).
Bojan-Ilija Schnabl
Oblak, Vatroslav Ignacij (* 15. Mai 1864 Celje [Šta-
jerska], † 15. April 1896 ebd.), Sprachwissenschafter.
Die Volksschule und das Gymnasium besuchte O.
in → Celje. Während seiner Schulzeit knüpfte er erste
Kontakte zu den führenden Slawisten seiner Zeit. Seit
1881 korrespondierte er mit dem Sprachwissenschaf-
ter und Dialektologen Jan Baudouin de Courtenay
(1845–1929), der sich besonders um die Erforschung
des slowenischen Dialekts des Val Resia/Rezija (→ Re-
sianischer Dialekt) und der Dialekte der Slavia Veneta/
Beneška Slovenija verdient gemacht hat. O. beteiligte
sich aktiv am schulischen Leben. In Zusammenhang
damit steht, dass er im November seines letzten Schul-
jahres der Schule verwiesen und für alle Gymnasien
der österreichischen (cisleithanischen) Reichshälfte
gesperrt wurde. O. hatte Mitschüler dazu angestiftet,
die Kaiserhymne in slowenischer Sprache zu singen.
Daher absolvierte er das letzte Schuljahr in Zagreb,
das zur ungarischen (transleithanischen) Reichshälfte
gehörte. In Zagreb erlernte O. die (serbo-)kroati-
sche Sprache und legte 1886 die Matura ab. Ab dem
Herbst 1886 studierte er in Wien slawische Philolo-
gie und vergleichende Sprachwissenschaft. Einer sei-
ner Professoren war Vatroslav Jagić, der Nachfolger
Franc → Miklošičs, durch dessen Einfluss sich O.
praktisch ausschließlich der Slawistik zuwandte. O. be-
schäftigte sich mit alten slowenischen Textfragmenten
(Trije slovenski rokopisi iz prve polovice XVII. stoletja,
LMS, 1887 ; Starejši slovenski teksti, LMS, 1889) und
mit den slowenischen Schriften der Reformationszeit
(→ Protestantismus). Außerdem befasste sich O. mit
der historischen Entwicklung der slowenischen Spra-
che (u. a.: Zur Geschichte der nominalen Declination im
Slovenischen, AfslPh 12, 1890). Während seiner Studi-
enzeit bereiste er aus Mangel an dialektalem (Studien-)
Material den gesamten slowenischen Sprachraum. Das
italienisch-slowenische Wörterbuch von Gregor Ala-
sia da Sommaripa aus dem Jahre 1607 gewann erst
durch O.s Bearbeitung (Doneski k historični slovenski
dialektologiji, LMS, 1890) seine Bedeutung. 1891 hielt
sich O. in Kärnten/Koroška auf, wo er Materialien zum
→ Jauntaler, → Rosentaler und → Gailtaler Dialekt
(→ Gailtal/Ziljska dolina und → Val Canale/Kanaltal/
Kanalska dolina) sammelte. Bei seinem Aufenthalt im Gailtal/Ziljska dolina entdeckte er in → Agoritschach/
Zagoriče und Umgebung neben den evangelischen Bü-
chern und Schriften der Kärntner slowenischen Pro-
testanten auch die Handschrift eines Passionsspieles
(→ Laienspiel, → Theater, →
Bukovništvo). Diese
Entdeckungen publizierte er im → Archiv für slavische
Philologie (u. a.: Bibliographische Seltenheiten und ältere
Texte bei den slovenischen Protestanten Kärntens, AfslPh
15, 1893 ; Protestantovske postile v slovenskem prevodu,
LMS, 1894). 1891 doktorierte O. mit Die kirchensla-
vische Übersetzung der Apokalypse. Seine Dissertation
wurde in → Archiv für slavische Philologie veröffentlicht.
Nach seinem Doktorat bereiste er die historische Re-
gion Makedonien, wo er sich vor allem der Erforschung
der slawisch-makedonischen Dialekte um Thessaloniki
(slawisch : Solun) widmete. Die Osmanen hielten O.
für einen österreichisch-ungarischen Spion und nah-
men ihn im März 1892 fest. Erst nach Intervention
der österreichisch-ungarischen Botschaft wurde O.
freigelassen, musste das Osmanische Reich aber um-
gehend verlassen. Die Ergebnisse seiner Feldforschung
in Makedonien publizierte er in Macedonische Studien
(Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wis-
senschaften, 1895). O. konnte nachweisen, dass die
slawisch-makedonischen Dialekte aus der Umgebung
von Thessaloniki die sprachliche Grundlage für das
→ Altkirchenslawische darstellen. Daraufhin widmete
er sich der Erforschung des kroatisch-čakavischen Di-
alektes auf den dalmatinischen Inseln. Sein besonde-
res Interesse galt dabei dem Dialekt der Insel Lastovo
(Der Dialekt von Lastovo, AfslPh 16, 1894). Nach seiner
Rückkehr bewarb er sich als Lektor für Slowenisch an
der Grazer Universität. 1893 habilitierte er sich in süd-
slawischer Philologie und begann an der Universität zu
unterrichten. O.s Gesundheitszustand verschlechterte
sich 1895 erheblich. Seine Ernennung zum außer-
ordentlichen Professor an der Grazer Universität im
Frühjahr 1896 erlebte er nicht mehr.
Werke : Trije slovenski rokopisi iz prve polovice XVII. stoletja, LMS,
1887 ; Starejši slovenski teksti, LMS, 1889 ; Zur Geschichte der nomi-
nalen Declination im Slovenischen, Archiv für slavische Philologie 12,
1890 ; Doneski k historični slovenski dialektologiji, LMS, 1890 ; Biblio-
graphische Seltenheiten und ältere Texte bei den slovenischen Protestanten
Kärntens, Archiv für slavische Philologie 15, 1893 ; Protestantovske
postile v slovenskem prevodu, LMS, 1894 ; Die kirchenslavische Überset-
zung der Apokalypse (Phil. Diss). Wien 1891, veröffentlicht in : Archiv
für slavische Philologie 13, 1891 ; Macedonische Studien, Sitzungsbe-
richte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Wien 1895 ;
Der Dialekt von Lastovo, Archiv für slavische Philologie 16, 1894.
Lit.: ES ; SBL. – V. Jagič : Entstehungsgeschichte der kirchenslavischen
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur