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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
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Page - 1004 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl

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1004 Ostarrichi ser Ottos III. an den Bischof von Freising (994–1005) Gottschalk, den Nachfolger von →  Abraham (→  Freisinger Denkmäler) in Neuhofen in loco Niuuanhova dicto, mit 30 Hufen hobae der Umgebung an der Ybbs bei Amstetten in Niederösterreich. Der Hinweis des Schreibers oder Auftraggebers, die Region heiße so in der Volkssprache, zeigt deutlich, dass nicht ein Ostreich gemeint ist. Es gibt für euro- päische Länder zwei Namen auf reich : Frankreich und Österreich. Frankreich ist kein Problem. Österreich schon. Trotzdem gilt literaturüblich die Deutung aus »althochdeutsch« Ostreich »Reich im Osten«, als opi- nio communis, wiewohl für den Großteil Deutschlands, auch für Freising, Österreich mentalgeografisch eher im Süden liegt. Da richi »Reich« in der heutigen (juris- tisch/administrativen) Bedeutung im 10. Jh. angeblich noch nicht verwendet wurde, was nicht korrekt ist, un- terstellt man ergänzend die nicht nachgewiesene volks- tümliche Bedeutung »Gebiet«, um so die erwähnten Wiesen, Weiden, Wälder, Fischwässer usf. als »Reich zum eigenen und ewigen Gebrauch in proprium atque perpetuum usum« erklären zu können. Tatsächlich wird aber schon in den ältesten bairischen (→  Altbairisch) Vaterunser-Übersetzungen (adveniat regnum tuum »zu uns komme dein Reich«) regnum mit richi wiederge- geben. Wenn nur ein kleines Gebiet regio gemeint ist, hat Osten (bairisch oster oder ostar ?) wenig Sinn. Es gibt übrigens keinen altbairischen, altalemannischen oder altfränkischen Text mit dieser Vokabel. Die Einteilung in Ost/West/Nord/Süd ist nur großräumig und kartogra- fisch, also herrschaftsterminologisch üblich, nicht in der Volkssprache. Damit erklärlich auch der auffällige Hinweis vulgari vocabulo, d. h., der Name hat mit richi »Reich« nichts zu tun. Alles andere, wie eine slawische Etymologie, sei »auszuschließen«, urteilt der Klagenfurter Sprach- und Namenwissenschaftler H.-D. Pohl apodiktisch. Eine erwähnte Herleitung von slawisch Ostrovica/Hochos- terwitz ist übrigens auch, weil morphologisch unmög- lich, nirgends behauptet worden. Ein Spitzberg oder mehrere sind, wie jedermann erkennen kann, in der genannten Gegend nicht zu finden und daher indisku- tabel. Viel wahrscheinlicher ist allerdings die Erklärung aus slowenisch (→  Altslowenisch, →  Karantanerslo- wenisch) Ostriki (auch von ostri), allerdings in anderer Bedeutung. Man bezeichnete steil bergaufführende Strassen als ostra gora »steiler Berg« (bairisch gasteig, gaster). Auszugehen wäre dann von altslowenisch Ostr/ iki »die Leute beim steilen Berg« : Die alte römische Limes-Straße verlässt bei Lauriacum (Enns/Lorch) bis zur Brücke an der Ybbs die Donau und führt in Um- gehung des Strudengaus mit einem Höhenunterschied von ca. 150 m steil bergauf, etwa auf der Trasse der heu- tigen Bundesstraße 1. Der »Landweg« wurde wegen der Gefahren für die Schiffe stromabwärts bis ins 19. Jh. auch von den Schiffsleuten benützt. Er hieß einige Zeit Römerstraße, auch hochstrazze (heute Straß). Dem genau entspricht slow. ostra gora. Geht man davon aus, dann sind die Leute »beim steilen Berg« die ostriki, der ursprüngliche Name von Strengberg. Der alte Laut für standardsprachliches slowenisch č (im Morphem iči) war im Alpenraum lange k (iki). Die Weiterentwicklung wäre dann Ostr/ing (man vergleiche andere karanta- nerslowenische iki-Namen, die alle wie Myslotiki > Mei- selding zu bairisch -ing wurden). Nach Abfall des o ent- stand String bzw. verdeutlichend Strengberg, heute ein Ort an der Autobahn bei Amstetten. Es gibt sonst keine »Strengberge« in der österreichischen Oronymie. Ostar- richi als karantanerslowenisch Ostriki ist eine sprachlich und sachlich einwandfreie etymologische Option und daher insgesamt wahrscheinlicher als Ostreich. Ostri kommt in der slawischen Toponymie auch in der Bedeutung »scharf« vor, wie »ein scharfes Messer« oder »ein scharfes Gewürz«. Im zweisprachigen Śląsk/ Schlesien heißt Ostra góra dt. »Scharfenberg«. In Lo- senstein (Oberösterreich) hieß eine heute wegen ihrer Steile und Gefährlichkeit umgebaute Bergstraße »das scharfe Eck« (man kam im Winter leicht beim Berg- auffahren ins Rutschen). Man beachte auch Ostriki, die berühmte Wetterstation in Russland bei Tula. Die Gegend um Strengberg im Mostviertel war im- mer geografisch, strategisch und politisch sensibel. Sie war am östlichen Rand des Traungaus pagus Druni, wo die erste Begegnung von Baiern und →  Awaren statt- fand. Als der bairische Fürst Tassilo 777 an der Krems ein Kloster gründete (→  Kremsmünster), traf er sich mit dem awarischen župan Physso, dem Anführer einer Slawendekanie, und den slawischen actores Taliup und Sparuna. Seine partnerschaftliche Politik wurde 788 mit dem fränkischen Todesurteil beendet. In diesem Zusammenhang scheint die vorausgegangene Famili- enpolitik mit den awarischen Otakaren (Otachar, Otger, Etgar), die sich in Styrapurk/Steyr, in der →  Karanta- nischen Mark, der späteren Steiermark integrierten, zu stehen. Die fränkische Strategie war auf brutale Ver- nichtung der Awaren ausgerichtet. Man beachte schon den sog. »bairischen Bulgarenmord« von 631 in Ober- österreich. Um 800 begann Karl der Grosse einen
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Subtitle
Von den Anfängen bis 1942
Volume
2 : J – Pl
Authors
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
502
Categories
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 547
  2. Lemmata Band 2 J – Pl 549
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