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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
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1020 Personalitätsprinzip (Dualismus der Rechtsordnungen) Gegensatz zum Territorialitätsprinzip und ist Ausdruck befriedender Toleranz, zumal »[d]er fremde [Rechts-, Anm.] Verband und seine Rechtsvorstellungen geachtet werden, die eigenen niemandem aufgezwungen«. Das P. ist römischen Ursprungs und minimierte die Zahl notwendiger Kollisionsnormen. Sicher ist nach Sturm weiters auch, dass das P. bereits im Karolingerreich galt und dass es sich bei den Langobarden bereits vor der fränkischen Eroberung durchgesetzt hatte. Einen ent- scheidenden Einfluss für die Tradierung des P. hatte die Kirche, die so ihre interessen besser gegen germanische Eindringlinge zu schützen vermochte. Mit der Festi- gung territorialer Strukturen und sozialen Prozessen der Vermischung verfiel das P., hatte jedoch Nachwir- kungen und »lebt in gewissen Maß im Personalstatut und in der [Mittelalter] und Neuzeit beherrschenden Diskussion um Inhalt und Grenzen von statum perso- nale, reale und mixtum fort.« Die frühmittelalterliche Rechts- und Gesellschafts- ordnung beruhte nach Baltl/Kocher auf dem zeit- lichen und räumlichen Nebeneinander verschiedener politischer und gesellschaftlicher Systeme. Demnach lebten in einem im weitesten Sinne ethnisch vielfälti- gen Alpenraum die Angehörigen verschiedener (eth- nischer und sozialer) Gruppen aufgrund des Persona- litätsprinzips bzw. aufgrund der persönlichen Bindung nach dem jeweiligen Rechtssystem ihrer Gemeinschaft : die verbleibende romanische Bevölkerung (→  Walchen, →  Altladinisch) nach dem spätantiken Vulgarrecht, die Kleriker zusätzlich nach dem »sich formierenden ei- gentlichen Kirchenrecht«. Die »Germanen lebten nach germanischem, speziell also langobardischem, bairi- schem und alemannischem Recht«, während »[i]m sla- wischen Siedlungsgebiet […] slawisches Stammesrecht [bestand]« (→  Slawen). Für Baltl/Kocher steht zudem außer Zweifel, »[d]ass es ein karantanisch-slowenisches [sic !] Stam- mesrecht in der Zeit vom 7. bis 11. Jh. gegeben hat«. Fraglich sei nur, ob dieses Recht kodifiziert wurde, da keine unmittelbaren schriftlichen →  Quellen, wohl aber deutliche Bezugnahmen auf karantanisch-slowe- nische →  Rechtsinstitutionen erhalten geblieben sind (→  St.  Georgen am Längssee [Šentjurij ob Dolgem jezeru], →  Edlingerdienste, →  Edlingergerichtsbar- keit). Folglich habe im karantanischen Raum eine sog. »dualistische Rechtsordnung« geherrscht, »da das bai- rische Recht [nur, Anm. d. A.] für die bajuwarischen [sic !] Siedler gültig war«. (→  Bagoaria) Ein Zustand, der auch in anderen Gebieten in dieser Zeit vorzufin- den war. In der Folge habe dieser Dualismus oder gar Trialismus der Rechtsordnungen (gleichzeitige Geltung mehrerer Rechtsordnungen) zur Herausbildung der einzelnen Landrechte beigetragen. Personalitätsprinzip und Dualismus der Rechtsord- nungen geben ein plausibles Erklärungsmodell für die rechtliche →  Kontinuität der karantanisch-sloweni- schen Rechtsinstitutionen, und zwar Jahrhunderte nach der Annahme des Vasallentums →  Karantaniens und der →  Christianisierung des Landes. Die Beibehaltung insbesondere der →  Fürsteneinsetzung als archaisches Relikt einer vorstaatlichen (stammesrechtlichen) Ge- sellschaftsordnung seit der karantanischen Frühzeit be- stätigt zudem im Lichte des Personalitätsprinzips und der dualen Rechtsordnung die staatsrechtliche Identität des Landes (ev. sogar in einer ersten Phase das Primat der karantanischen Rechtsordnung) im Rahmen eines größeren feudalen Gefüges, und zwar trotz oder gerade angesichts der Einsetzung bzw. Belehnung von nicht originär einheimischen →  Herzögen (→  Landesspra- che ; →  Identität, territoriale). Personalitätsprinzip und Dualismus der Rechtsord- nungen geben ein Erklärungsmodell auch für den Fort- bestand des ursprünglich karantanischen, in der Folge slowenischen Standes der kosezi (die →  Freisinger Denkmäler sind bereits eindeutig dem Slowenischen zuzuschreiben, die Herzogseinsetzung, wie sie 1286 von →  Johann von Viktring beschrieben wurde, fand in historisch als →  »windisch« bezeichneter, also slowenischer Sprache statt) (→  Edlinger, →  Ethnoge- nese, →  Karantanerslowenisch). Der Stand der kosezi musste aus fränkischer feudalrechtlicher Sicht aufgrund des Personalitätsprinzips sowie aufgrund des darauf be- gründeten Privilegs der Herzogswahl und der Wehr- pflichten der kosezi/Edlinger als Feudalstand, wenn auch sui generis, angesehen werden. Das heißt, dass die kosezi als eigenständiger Stand von Edelmännern betrachtet wurden. Die rechtliche Begründung gibt auch ein Erklärungsmodell für die von Grafenauer, Wadl u. a. anerkannte historische Genealogie von den kosezi hin zu den →  Edlingern im Hochmittelalter. Das Personalitätsprinzip erklärt auch, warum einerseits die Ethnie nicht per se als determinierende Kategorie der kosezi/Edlinger fungierte (wie dies Wadl rich- tigerweise darstellt), sondern der soziale Stand (was den Fortbestand ihrer spezifischen Privilegien erklärt, so die eigenständige niedere Gerichtsbarkeit und die verminderten Abgaben) (vgl. →  Edlinger-Dienste, →  Edlinger-Gerichtsbarkeit, →  Edlinger-Gemein-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Subtitle
Von den Anfängen bis 1942
Volume
2 : J – Pl
Authors
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
502
Categories
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 547
  2. Lemmata Band 2 J – Pl 549
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