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böhmischen Königs Johann und Tochter des mährischen Markgrafen Karl, verlobte, bedang
er sich vertragsmäßig aus, daß die künftige ungarische Königin in ungarischen Sitten
und Gewohnheiten erzogen werde, und ließ die unmündige Braut zur Erlerunng der
ungarischen Sprache au seinen Hof nach Visegrad kommen.
Es ist das Verdienst seiner energischen Regierung, daß das Land aus den Wirren
der Anarchie und der Parteikämpfe befreit, die Personen- und Eigenthumssicherheit
wieder hergestellt und dadurch der materielle und geistige Fortschritt der Nation,
Handel, Gewerbe, die Blüte der Städte gefördert wurden. Der Staatsschatz ward durch
die Umwandlung des Cameralgewinns in regelmäßige Steuern geordnet, die Landes-
vertheidigung erhielt statt des hinfällig gewordenen Burgwehrsystems einen zweckmäßigeren
Organismus (Banderialsystem) und schließlich wurden auch in der Rechtspflege nützliche
Verbesserungen eingeführt.
Der sechzehnjährige Sohn Karl Roberts, Ludwig, unternahm nach seiner Krönung
eine Wallfahrt au das Grab des heiligen Ladislans und legte das Gelübde ab, daß er
nach dem Vorbilde dieses glorreichen Königs regieren werde. Aus Großwardeiu eilte er
nach Siebenbürgen, wo die Sachsen gegen die ihnen auferlegte Besteuerung sich erhoben
hatten, und beschwichtigte die Uuruhen ohne Blutvergießen. In Siebenbürgen empfing er
die Huldigung des walachischen Wojwoden Alexander, dessen Vater Michael Bazaräb im
Jahre 1330 die Scharen Karls in der Walachei geschlagen und die Unabhängigkeit von
der ungarischen Krone verkündigt hatte.
Robert, König von Neapel, welcher zuBeginn des Jahres 1343 starb, setzte in seinem
Testament seine Enkelin Johanna zur Thronerbin ein. Ludwig forderte auf Grund des
Erbrechtes (der Nachkommenschaft des Erstgebornen) den Thron für sich, beziehungsweise
für Andreas, den Gemal Johannas.
Der Papst war jedoch nicht gewillt, dieses Lehen des heiligen Stuhls auf den mächtigen
ungarischen Zweig der Anjon übergehen zu lassen, und die Mitglieder der königlichen
Familie, die neapolitanische Aristokratie und selbst die sechzehnjährige Johanna, welche ein
leichtsinniges Leben führte und mit ihrem Gemal entzweit war, boten Alles auf, um die
ungarischen Ansprüche zu vereiteln. Die Königin-Mutter Elisabeth, welche in Neapel
erschien und nur durch die heuchlerischen Liebkosungen Johannas sich dazu bewegen ließ,
ihren in Gefahr schwebenden Sohn in Neapel zu belassen, erwirkte zwar von dem in
Avignon residirenden Papste das Versprechen, daß er Andreas krönen werde, falls dieser
dem heiligen Stuhl Gehorsam gelobe und den Thron für den Fall, daß Johanna kinderlos
sterben sollte, der Schwester Johannas, Maria, überließe, aber der Papst zögerte anderthalb
Jahre mit der Erfüllung dieses Versprechens. Als endlich der Krönungsbefehl erlassen
wurde und Andreas unvorsichtig genug war, zu verrathen, daß er an seinen Feinden
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch