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Frauen und Kinder fielen haufenweise unter dem Türkenschwerte. Unter den versammelten
Ungarn befand sich auch Michael Dobozy, ein Edelmann aus dem Weißenburger Comitat.
Er setzte sein Weib hinter sich auf das Pferd und suchte, den Säbel in der Faust, Rettuug
durch die Flucht. Die Türken verfolgten ihn, und als Dobozy sah, daß sein Pferd
ermüdet und kein Entrinnen mehr möglich sei, durchbohrte er seine Frau, um ihre Ehre
zu retten, wandte sich dann gegen den Feind und fand in einem heftigen Kampfe den
willkommenen Tod.
Suleyman verbrachte in Ofen zwei Wochen und zog am 26. September am linken
Donau-Ufer dnrch das in Brand gesteckte Pest heimwärts. Unterwegs wurde die ganze
Gegend zwischen der Donau und der Theiß bis Peterwardein verwüstet. Am 12. October
verließ er den ungarischen Boden, auf welchem — wie man behauptet — während sechs
Wochen 200.000 Ungarn durch die Türken ermordet worden waren.
Schon während dieser Zeit der Verheerungen begannen die Thronprätendenten sich
zu regen. Für den Wojwoden Johann Szapolyai trat besonders Verböczy in die Schranken,
der große Rechtsgelehrte, der unvergleichliche Volksredner, aber schwache Politiker, der
sich zu dieser Zeit den „Diener Ungarns" nannte. Der Wahlreichstag wurde durch den
Wojwoden und seine Freunde auf den 3. November angesetzt und nach Stuhlweißenburg
berufen. Die Wenigen, die erschienen waren, riefen Szapolyai zum Könige aus; am
11. November wurde ihm nun durch Stefan Podmaniezky, Bischof von Neutra, den
ältesten der Bischöfe, welcher die Mohäcser Schlacht überlebt hatte, die Krone auf das
Haupt gesetzt.
Zur selbe» Zeit hatten auch die Königin-Witwe und der Palatin, der „krumme"
Bäthory, einen Wahlreichstag nach Preßburg berufen. Infolge der unruhige» Zeiten hatten
sich auch hier nicht Viele eingefunden, aber es waren unter ihnen: das gesetzliche Haupt
des Reichstages, der Palatin, ein Batthyäny, Thomas Nädasdy, ein noch junger Mann,
der eigentliche Begründer seiner berühmten Familie, und Franz Revay, ein hervorragender
Rechtsgelehrter, der Stammvater des Sklabinyaer und Blatniezaer Zweiges der Revay;
endlich waren dort, die in Stuhlweißenburg fehlten: die Vertreter der Nebenländer
Kroatien und Slavonien, Simon Erdödy, Bischof von Agram, Neffe des Thomas Bakaes,
und noch zwei Andere. Es erschienen ferner die Abgesandten Ferdinands, zur Zeit schon
König von Böhmen, um den Thron für ihren Herrn in Anspruch zu nehmen. Ferdinand
beanspruchte die Krone auf Grund alter und neuer Erbverträge, welche seinerzeit, wenn
auch nicht formell als Gesetze inartienlirt, doch von den hervorragendsten Männern
Ungarns anerkannt wurden; thatsächlich aber gestand er das Wahlrecht zu. Das Haupt-
argument, mit welchem seine Anhänger seine Kandidatur unterstützten, war, daß er allein
als jüngerer Bruder des mächtigen Kaisers Karl V. und als böhmischer König im Stande
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch