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zurückgetreten war, welcher wohl größere Macht und mehr Ansehen, nicht aber größere
Fähigkeiten besaß. Seit dem Tode des Königs Matthias Corvinns hatte der ungarische
Stamm keinen Mann hervorgebracht, der so ganz zum Herrschen geboren gewesen wäre
als dieser jetzt — im Jahre 1618 — sechsuudreißigjährige Mann. Mit durchdringendem
Verstände erfaßte Bethleu Alles, was zum Schutze, zum materiellen und geistigen Gedeihen
Siebenbürgens nothwendig war. Er fand auch die dazu geeigneten Mittel und besaß
die Kraft, mit diesen Mitteln, wenngleich nicht Alles, so doch sehr Vieles durchzuführen.
Als Anhänger Sigmnnd Bäthorys, als Gegner Bastas und bald Gabriel Bathorys lebte
er lange als Flüchtling in der Türkei; er nahm daselbst wahr, wie morsch dieses ganze
große Reich war, und ihm erschien es schon nicht mehr unmöglich, daß die Christenheit mit
vereinter Kraft die Türken aus Ungarn vertreibe und das Land befreie; bei diesem großen
Werke hatte er sich selbst, wenn auch nicht die erste, so doch eine große Rolle zugedacht.
Nur daß der Verlauf der Ereignisse der Verwirklichung dieses Ideals nicht sehr günstig
war. Noch lebte Matthias II., als die Protestanten Böhmens wegen religiöser Beschwerden
sich erhoben und der große Religionskrieg begann, welcher dreißig Jahre hindurch den
ganzen Westen Europas in Bewegung setzte. Bethlen war ein strenger, wenngleich weder
ein fanatischer noch befangener Reformirter. Wie man sagt, hatte er die Bibel sechsuud-
zwauzigmal durchgelesen; dabei aber entging es ihm nicht, daß die Jesuiten gute Lehrer
seien, und daß das protestantische Siebenbürgen nicht zu Grunde gehen würde, wenn auf
seinem Gebiete hier und da auch Jesuiten unterrichteten; daß ferner neben der protestantischen
Bibelübersetzung Kaspar Kärolyis auch die ungarische Übersetzung des Jesuiten Georg Käldy
einer Unterstützung werth sei. Ja vielleicht barg sich schon auf dem Grunde seiner Seele
der Skepticismus, welcher die Dogmen den großen weltlichen Interessen unterordnet und
Heinrich von Navarra, dem Besitze von Paris zuliebe, zur Messe gehen ließ. Aber seinem
Ehrgeize — der in ihm, und zwar, wie man sagen darf, mit Recht lebte — war der
Protestantismus und nicht der Katholicismus förderlich und die Feinde der Reformation
waren auch die seinigen. Er griff daher im Laufe des dreißigjährigen Krieges dreimal
zu den Waffen gegen Ferdinand II. (1619 bis 1621, 1623, 1626), mit stillschweigender
Einwilligung, bald auch mit offener Unterstützung der Pforte. Er drang bis Preßburg und
sogar über die Donau bis an die Drau vor. Die Krone fiel ihm in die Hände und seine
Getreuen wählten ihn zum König von Ungarn (am 25. August 1620). Aber die Ereignisse
des deutschen Krieges, welche dem Protestantismus nicht günstig waren, zwangen ihn
ebenso oft zum Rückzug und zum Frieden, und was Bethlen durchführen konnte, war nur
so viel, , daß °der König den Wiener Frieden wiederholt bestätigte und Bethlen die Eomitate
Szathniär, Szabolcs, Ugocsa, Zemplin, Borsod, Bereg und Abauj bis ans Lebensende
verlieh. Doch als endlich im Norden der Held erschien, der dem deutschen Protestantismus
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch