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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
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240 Ausdruck die ungarische Sprache gar nicht und selbst die lateinische kaum fähig war. Eine kosmopolitische Strömung durchzog die Welt. Kaum hielt es noch Jemand der Mühe werth, sich viel um eine Sprache, und gar noch um die ungarische zu bemühen. Selbst größeren Nationen als der ungarischen widerfuhr es um diese Zeit, daß sie ihre Sprache vernachlässigten, und einer der größten Männer, welche Deutschland in diesem Jahrhundert erzeugte, der preußische König Friedrich II. konnte über die „holprige" Muttersprache nur spötteln. Im Auslande und in den höheren Kreisen war die französische Sprache die herrschende, bei uns aber die lateinische, eine Wirkung der späten Renaissance, deren Caricatur, der übertriebene Latinismus, erst damals zu uns gelangte uud in größerem Maße herrschte als anderswo, wo die Nationalsprache sich schon mehr entwickelt hatte. Das Lateinische übte bereits die Herrschaft auf den höheren Stufen des Schulwesens und des öffentlichen Lebens; nun drang es in die unteren Schichten, ja sogar häusig in das Familienleben ein. Dort, wo in unserem vielsprachigen Lande das Volk nicht der ungarischen Zunge angehörte, so in Kroatien oder in Oberungarn, wurde das Ungarische durch das Lateinische sozusagen gauz verdrängt; in den ungarischen Theilen dagegen diente das Lateinische, namentlich bei den gebildeten Classen, gleichsam als Schutzwehr gegen die lebenden fremden Sprachen, deren Verbreitung für die Nationalsprache sicherlich weit gefährlicher gewesen wäre. Unter dieser Schutzwehr begann auch die ungarische Sprache, wenngleich langsam nnd sozusagen unbemerkt, sich zu entwickeln; der letzte größere Schriftsteller dieser älteren Epoche, Franz Falndi, sah noch den Morgen der »Wiedergeburt", wie man zu sagen pflegt, herandämmern. Diese Wiedergeburt wird durch die Literaturgeschichte an eine von Maria Theresia geschaffene Institution geknüpft. Am 11. September 1760, neunzehn Jahre nach jenem Tage von Preßburg, stiftete sie die ungarische Leibgarde, „um ein neueres Zeichen ihrer Neigung zur ungarischen Nation zu geben". Sie versammelte 120 ungarische Jünglinge um sich, welche sie und ihre Familie bewachen und dabei die Welt kennen lernen sollten. Diese Schule, welche sie der ungarischen Adelsjugend eröffnete, trug auch ihre Früchte. Die ungarischen Jünglinge sahen die Welt, bildeten sich und begannen auch die Muttersprache auszubilden, von höheren Gesichtspunkten ans und mit mehr Geschmack, als es bis dahin den übrigen bescheidenen Pflegern der Sprache gelungen war. Georg Bessenyei war der Erste, der in die Öffentlichkeit trat. Seine Tragödie „Agis", ein Werk, welches epochemachend ist in der ungarischen Literaturgeschichte, war Maria Theresia gewidmet, deren Sohn und Thronfolger, Josef, ungarisch lernte, was man damals nicht jeder ungarischen Magnatenfamilie nachrühmen konnte, und deren zweiter Sohn, der damals nur erst sechsjährige, früh verblichene Karl, im Jahre 1751 mit der Hnldiguugs- deputatiou des Reichstages ungarisch plauderte.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
Title
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Subtitle
Übersichtsband, Ungarn (1)
Volume
5
Editor
Erzherzog Rudolf
Publisher
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Location
Wien
Date
1888
Language
German
License
PD
Size
16.41 x 22.5 cm
Pages
532
Keywords
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Categories
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