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Streithan»ner, sein Eisenharnisch, Schild und Speer und jene Steinkugeln, die er mit
seiner Schleuder vou einem Ufer der Donan uns das andere hinüberwarf, so wie anch jene
neue Pflugschar, die er aus des Königs Geheiß mit seiner Lanze dnrchstieß.
Diesen historischen Gestalten reihen sich die Helden der Volkssage an, die Höllen-
sahrer, wie Lorenz Tar, Stesan Kädär, Bende Tarcsai, Gregor Vitez-Olah, Matthias
Ördög; dann, um tiefer hinabzusteigeu, die Helden des Volksliedes, die Iv^üuxvlc
(arme Bursche), deren Räuber-Abenteuern die Phantasie des Volkes den Anstrich des
Heldenhaften verliehen hat. Körperliche Kraft nnd Muth waren bei den Magyaren nicht
nur im Krieg und im ritterlichen Kampfspiel vollauf geschätzt, sondern spielten lauge Zeit
auch im bürgerliche» Lebeu ihre Rolle. Sie hatten eine Institution: deu gerichtliche»
Zweikamps, der bis a»s Matthias Hunyadi im Schwange ging und von diesem dnrch seine»
XVIII. Gesetzartikel des Jahres 1486 als ein in der Welt unerhörter Gebranch ansgehvben
wurde, jedoch insoweit immer noch bestehen blieb, daß der König in Fällen, wo jedes
andere Zeugniß fehlte, deu Zweikampf ausdrücklich anordueu konnte. Dies war schon zu
St. Stesaus Zeiten gebräuchlich. Die Abteien und Capitel, als moralische Personen, welche
nicht persönlich kämpfen können, hielten sich amtliche Zweikämpfer, die in Streitfällen
ihre Sache zn vertreten hatten.
Jeder freie Mann kannte für sich kämpfen und die Entscheidung seines Streitfalles
der Waffe anheimstellen. Aber es durfte anch jede Partei für sich einen anderen Zwei-
kämpfer miethen, besonders wenn die streitende Partei eine Frau war. Auch der König
hatte seinen eigenen Kämpen (wie die englischen Könige einen Lampio reKis). Die Dienste
dieser Kämpen wurden durch Ehrenbezeigungen und Schenkungen belohnt. So adelte
Ladislans der Kumanier im Jahre 1274 den Peter Bndasalvi, der als ,puAi>* ans seinen
Befehl elf Zweikämpfe siegreich bestanden, sammt seiner Sippschaft. Nicht gestattet war
es dem Vatermörder lind Straßenräuber, sich bei deu Zweikämpfen vertreten zu lasse».
Nur der König oder der Landrichter konnte den Parteien den Zweikampf znnrtheilen,
nnd wenn derselbe zngenrtheilt war, hatten die Kämpfer in voller Rüstung vor dem
Richter zu erscheinen nnd ihre Waffen uud Pferde prüfen zu lassen, ob nicht jene gefeit
seien und an diesen irgend ein Zauber hafte. Sie konnten mit Lanzen, zwei Schwertern,
dem Stock, dem Dolch, mit Pfeilen nnd mit dem bulgarischen Kolben kämpfen, immer aber
zu Pferde. Bei der gerichtlichen Verhandlung von Kapitalverbrechen konnte der Richter
den Kampf für den Angeklagten auch erschweren; dieser mußte sich nackt oder im bloßen
Hemde dem geharnischten Kämpen des Klägers stellen, wie das zur Zeit Belas IV. eiu
richterliches Urtheil verfügt hat. Diese Zweikämpfe fanden in Gegenwart des Königs
statt, meist auf dem Ofener „Blutfelde" („Generalwiese") oder in einer anderen königlichen
Residenz, für Siebenbürgen zu Torda vor dem Wojwoden. Die Zweikämpfer mußten
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch