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und Grieche halten zwar auf Fastenspeisen, thun aber auch darin ein Übriges; ernstlich
und ausgiebig fastet der Russe (Griechisch-Nichtuuirte); der Walache ist äußerst genügsam;
der Jude (des niederen Volkes) darbt.
Die magyarische Küche hat es zur wahren Kunst gebracht, welche auch großeutheils
in das „süddeutsche" Kochbuch übergegangen ist.
Die Speisegewohnheiten zur Zeit des Matthias Hunyady finden sich bei Galeotti
interessant beschrieben. „Bei den Magyaren wird jede Speise in Brühe aufgetragen; Fleisch,
Fisch uud Wildbraten haben jedes seine eigene Tuuke, welche stark mit Zimmt, Ingwer,
Pfeffer und Safran gewürzt ist. Jedermann bedient sich aus einer gemeinsamen Schüssel,
und zwar ohne Gabel, indem er die Stücke mit den Fingerspitzen aus der Schüssel holt
und dauu mit seinem Messer bissenweise zerschneidet. Dabei werden die Hände mit Safran
besudelt und auch die Kleider beträufelt. König Matthias selbst aber wußte nach diesem
Gebrauche aus der Schüssel zu essen, ohne je seine Hände zu beschmutzen, obgleich er an
dem Tischgespräch lebhaften Antheil nahm." Hundert Jahre später brachten die geladenen
Gäste schon sämmtlich Messer, Gabel und Löffel, iu den Stiefelschaft gesteckt, zum Mahle
mit. Die Vornehmen trugen sie in silbernen Kapseln.
Die Beschaffenheit der magyarischen Küche vor zweihundert Jahren ist nach einem
damals gedruckten Kochbuch zu beurtheilen, dessen Vorrede übrigens bemerkt, daß es nur
für die anständige Mittelclasse berechnet ist. Die meisten Speisen sind heutzutage nicht
einmal mehr dem Namen nach bekannt, umsoweniger sind diese Namen zu übersetzen. Suppe
und Gemüse fehlen, das Mittagessen beginnt mit dem Rindfleisch. In der ganzen
Namensliste der Speisen und Gewürze ist eiu einziges Wort noch jetzt gebräuchlich.
Neun Zehntel dieser Ausdrücke (wie Despot-Brühe, Hidra-Brühe, Luther-Tunke, Kosakeu-
Tuuke n. s. w.) sind in keinem Wörterbnch mehr aufzufiudeu. Desto heftiger empören sich
Phantasie nnd Magen, wenn man die Znbereitnngsart der Speisen liest. Pfeffer,
Kalmus, Mohn, Ingwer, Safran, Mnskatnnß, Gewürznelken, Mandeln, Rosinen,
Meerrettig, grüner Knoblanch und pour la donne doueks ein paar Tropfen spii-itus
vitrioli mit Nosenwaffer gemengt spielen eine große Rolle — überdies gar kein Salz
und desto mehr Honig und Zucker. Salbei, Krauseminze, Pimpinell, Boretsch, Bertram,
Körbelkraut sind häufige Zuthateu, ja bei einer Speise kommt sogar Indigo vor. Dieser
ist denn doch hentigentags nicht mehr gebräuchlich. Für die berühmten „gezupften
Krapfen" (mareüalanli), mit denen weinende Kinder begütigt werden, mischte man geröstete
Mandeln mit Tragant, streute Stärkemehl darauf, mengte Eier dazu, tauchte das Ganze
in Kreide, färbte es mit Scharlach und verklebte es mit Goldschaum. Auch diese Krapfen
mögen sehr gut sein für Einen, der sie mag. In den späteren Jahrhunderten änderte sich
der Geschmack.
Ungarn I. 20
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch