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hier suchte der Königssohn Argyrns seine goldlockige Ilona. Der alte Name der Fee ist
daher die Benennung des Regenbogens »daba bukra« (Band der Fee). Daher
stammt auch das Wort ,ckeli-bäd" für die Fata Morgana, welche nach der Volkssage aus
der Liebe der Sonne und des Meeres entsteht, gehindert durch deu Vater: die Puszta
(männlich gedacht). Das Kind dieser heißen Liebe ist die Erscheinung, welche das Meer
nachahmt und zur Sonne emporsteigt. In Ungarn hatte die Csallököz (die Insel Schütt),
mit ihrem alten Namen »tünäerkert/ (Feengarten), den Ruf als Feenheimat. Da kämmten
Feenmädchen ihr goldenes Haar und ließen dessen Fäden in den Strom fallen. Noch jetzt
leben dort Leute von Goldwäscherei. Au die Wasserfeen knüpft sich manche Sage von der
Liebe zwischen Menschenkindern und Wasserbewohnern. Darunter gibt es ganz naive, die
den Stempel ihres volksthümlichen Ursprunges an sich tragen, so die Sage von dem grünen
Männchen, das aus dem Pereezfluß in die Stadt hineinzugehen pflegt. Nach einer alten
Quelle heißen sie »vi?i küvelvenxek.« Von einem solchen Meerfräulein gibt es eine
Sage von besonderem poetischen Werthe. Der Königssohn soll sie von ihrer ursprünglichen
Gestalt, der eines häßlichen Ungethüms, befreien. Er erhält von der Schicksalsfrau neun
goldene Ruthen; so oft er mit einer derselben der Wasserfee einen Schlag versetzt, fährt
dieselbe aus einer ihrer Häute heraus. Beim achten Schlage bittet das Mädchen flehentlich,
sie nicht mehr zu schlagen. Aber der Königssohn bleibt standhaft und gibt ihr auch deu
Schlag mit der neunten Ruthe. Und da steht sie plötzlich vor ihm im vollen Reize ihrer
Feenschönheit und wird die Gattin ihres Erlösers. Hätte der Königssohn nicht so gethan,
so hätte sie auch ihn in einen Frosch verwandelt.
Einen Gegensatz zu dem bildet Frau Eisennase (vasoi-iu bäba), die Verkörperung
des Bösen und Schrecklichen. Ihr Palast ist aus Todteuschädelu gebaut, sie nimmt die
Jünglinge, die sich zu ihr verirren, in ihren Dienst; das Jahr ist bei ihr nur drei Tage
lang. Aber sie gibt ihren Dienstmannen Arbeiten, welche sie nicht ausführen können.
Eherne Rosse sollen sie melken, welche aus ihren Nüstern Feuer schnauben. Diese ehernen
Rosse sind Frau Eiseuuases eigene Töchter. Zuletzt erringt der Held mit Hilfe der guten
Fee den Sieg über sie und gewinnt den gefangen gehaltenen „tältos" (siehe später). Unsere
Forscher glauben in diesen Dingen Reminiscenzen des westasiatischen Mythos von Ormnzd
und Ahriman zu finden. Unsere Chronisten führen die Beziehungen des magyarische»
Stammes zu den Feen in ferne Urzeiten zurück. Nach der Ofener Chronik hätten Hnnyor
und Magyar , Nimrods Söhne, sich in der Puszta mit den feenentsprossenen Töchtern des
Fürsten Dnl verheiratet. Darauf mag der Satz im Palatiualcodex zielen: „O unverschämter
Tod, hast du nicht bis auf diesen Tag Riesen und große starke Helden besiegt?"
Eine ansehnliche Macht ist in den Volksmärchen der Drache, der vom Volke Jung-
frauen znm Opfer heischt. Gewöhnlich hat er sieben Köpfe, dabei aber menschliche Hände,
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch