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trat ich ein, als Jnfant'rist komm ich gezogen". Vom berühmten Componisten Bihari gab
es ein Werberlied, das man „Dreißig-Mann-Lied" nannte, weil bei einer solchen Werbung
nnter den Klängen dieser Weise an einem einzigen Nachmittag so viele Bursche sich
anwerben ließen, daß das ganze Debrecziner Contingent von dreißig Rekrnten gedeckt
war. Wnrde aber die'Zahl aus diese Art nicht voll, danu zog die Obrigkeit mit Heugabeln
nnd Stricken nmher, die militärtauglichen Bursche znsammenznsangeu, wie das anch im
Volkslied verewigt ist:
„Werbung ist bei uns jetzt; werben mit dem Strick,
Werfen ihn den» armen Bursche» um's Genick. Hat der Reiche füns, sechs Söhne, — sie sind srei;
Hat der Arme einen cinz'gen, — nur herbei!"
Ans solchen mit Gewalt zum Militär gepreßte» Burschen wurden später, wenn sie
desertirten, die „armen Bursche" dic Pusztenräubcr, die der ganzen
Gesellschaft die Stirne boten und das Volksleben mit der Romantik eines weitbernsenen
Abentenrerthnms befruchteten, so daß sie lauge Zeit eine wahre Specialität unter den
typischen Gestalte« Ungarns bildeten. Später wurde die Werbung mittelst „Handgeldes"
betrieben; die Angeworbenen erhielten zwanzig oder dreißig Gnlden nnd verpflichteten
sich dafür, zehn Jahre zn dienen.
Der at)5itos. Eine originelle Gestalt ist anch der heimgekehrte ulisiws (verab-
schiedete Soldat; ni»s>t — Abschied) mit seinen unerhörten Aufschneidereiein wie er bis
aus Ende der Welt gereift, wo er die Beine ins Nichts hinnnterschlenkern ließ, nnd wie
nur „ein Banernhaar dazn gefehlt", daß er den feindlichen Oberfeldherrn zum Gefangenen
gemacht. Anch des Königs Majestät stattet er seinen Besnch ab nnd spricht mit der
Königin, als diese gerade in der Küche mit einem silbernen Nudelwalker deu goldeilen
Teig walkt. Von unseren Dichtern haben Johann Garay iu seinem „Odsitos" und Petösi
in seinem ..lünos vit<^ (Held Janos) diese volksthümliche Gestalt verewigt, welche aber
anch bei unseren Dramatikern oftmals auftritt.
Jagd-Auekdoten. Auch iu der Jagd findet sich eine nnerschöpsliche Quelle des
Humors, der es in Übertreibungen dem „Baron de Maux" (Münchhausen) fortmährend
gleichthnt. Auf diesem Gebiete halten wir Bernät Gazsi's (Kasper Bernät) Jagd-Anekdote
für die originellste. Ein Landedelmann wäre gern auf die Hasenjagd gegangen, sein gutes
Windspiel, das preisgekrönte, war jedoch schon blind nnd daher untauglich. „Thut nichts",
sagte Gazsi, da ist das Möpsleiu der guädigeu Frau, das hat gute Angen; das Möpslein
binden wir ans dem Rücken des Windspiels fest, es wird den Hasen erblicken uud das
Windspiel wird ihn sangen." Und so jagten sie bis Sonnennntergang mit bestem Erfolg.
Außerdem haben anch einzelne Gegenden ihren Anekdotenkreis, so die Palöezen, die
Szekler, und auch die Zigenner sind hieher zu rechnen, ein Volksstamm, dessen Denkweise
sich so mit dein Humor des magyarischen Volkes verquickt hat, daß er mit seinen Späßen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch