Page - 366 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
Image of the Page - 366 -
Text of the Page - 366 -
366
vielmehr haben unsere Lyriker die Leier im Wege der Überlieferung von einander geerbt
bis herauf in die neueste Zeit. Über die von ihnen componirten Melodien können wir
nichts melden, doch sind dieselben zweifelsohne in den Volksmund übergegangen und lausen
noch jetzt im Alltagsleben um, wenn auch nicht iu ihrer ursprünglichen Art, aber als
Nährstoff für neuere Formen.
Aus dem XVI. Jahrhundert verbleiben uns noch einige Denkmäler der Kunst- und
Tanzmusik nebst den Namen einiger Komponisten und Virtuosen, welche dem ungarischen
Geiste Ehre gemacht haben. Jedes dieser Musikstücke ist von großem Interesse, insofern die
ältesten Formen nnd Eigenthümlichkeiten der ungarischen Instrumentalmusik iu ihnen
vollständig aufbewahrt sind, ja auf dem Gebiet der Tanzmusik sogar eine rhythmische
Constrnction in ihnen vorkommt, welche iu unseren Tagen völlig ansgestorben ist, so daß
Viele ihr das Recht des Daseins ganz und gar bestreiten; es ist dies die Dreier-Tactart.
Die betreffenden Componisteu und, hinsichtlich der Tanzmusik, Transscriptoren sind die
sogenannten Lantenschläger, an deueu es iu Ungarn nicht fehlen konnte, da die Laute nach
dem Zeuguiß des Vaters des großeu Naturforschers Galilei nach dem Orient-Feldzug
Andreas II. gerade durch die Uugaru iu Europa beliebt gemacht worden ist. Diese Lauten-
schläger nahmen die Stelle unserer heutigen Klaviervirtnosen ein. Jedes Land in Europa
hatte solche Künstler, welche mit dem allgemeinen Charakter des musikalischen Könnens
auch noch den nationalen vereinigten, aber durch ihre Kunst gleichwohl zu Weltbürgern
wurden. So finden wir in den Sammlungen lyrischer Musik aus dieser Zeit das Andenken
der ungarischen Künstler Valentin und Johann Bakfort für die Nachwelt aufbewahrt.
Über deu Ursprung und Namen Valentin Baksorts ist noch nicht volles Licht
gebreitet. Er wird eigentlich Valentin Graevins (Greffns) Bakfort geschrieben und soll der
Geburt nach ein Siebenbürger Sachse sein. Damit scheint im Widerspruch zu stehen, daß
er sich auf den Titelblättern seiner 1569 in Antwerpen erschienenen Werke ,?umionius"
nennt und daß sogar statt des latinisirenden unter der Widmung des
Buches: .Valentinus Lakkark, ?g,rm0nius* steht. Wobei noch weitere Verwirrung
angerichtet wird durch folgende zwei Zeilen eines Epigramms, das ein polnischer Edel-
mann zu Ehren des Componisten verfaßt hat:
„III e lupi naws Iraneini e eujus
Oinatuin die viaäema viäes."
Wie dem auch sei, sicher ist auf alle Fälle, daß er von mütterlicher Seite sächsischen
Ursprungs war. Er zeichnete sich zuerst in Siebenbürgen aus, wofür ihn Sigismund
Zäpolya zum ungarischen Edelmann machte. Dann kam er nach Ungarn herüber und
wurde zum Pannonius. Vou Ungarn ist er in den Sechziger-Jahren wahrscheinlich von
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch