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hoher, mützenartiger „Hauptschmuck", der mit rothem Stoff und Goldspitzen überzogen ist;
in Jazygien der sogenannte ,x>änt° aus Gold- und Silberspitzen, von der jungen Frau
nur bis zur Geburt ihres ersten Kindes getragen, dann aber für ihre jüngere Schwester
oder Base aufgehoben, während sie im Tausch dafür ein kostbar gebundenes Gebetbuch
erhält. Wer aber all den Putz unseres „weißen Volkes" (das heißt weiblichen Geschlechtes)
aufzählen wollte, der müßte alle Geheimnisse einer ganzen breiten, tiefen, blaubemalten
Brauttruhe kennen, die das gesammte Erbtheil des heiratsfähigen Mädchens in sich schließt.
Über alle diese Gattungen von Hauptschmuck wird ein weißer durchsichtiger, mit
Gold durchbrochener Schleier („Deckel", „Wehdeckel") gebreitet, bei älteren Personen ein
Batisttuch oder farbiges Tuch. Der Schleier, dessen zartes Gewebe die Verzierungen durch-
schimmern läßt, fließt beiderseits an der Taille nieder, der er sich mittelst eines farbigen
Gürtels locker anschmiegt; unterhalb des Gürtels gehen die beiden Enden des Schleiers
in goldene Fransen oder Spitzen aus, welche im Mätyuslaude ,lickel" (Födel: Dach,
Kopfbedeckung) heißen. Ältere Frauen bedecken sich das Haupt mit einem großen braunen
Tuche, das auch „Kühltuch", „Rückwärtswerfer", „Schattenhalter" genannt wird.
Auch die Tracht der Männer in Ungarn ist weiß, weitfaltig und kurz. Auch
unter ihren Bestandtheilen ist das Hemd einer der charakteristischesten. In Verzierung
und Faltenwerk ist es dem weiblichen Ärmelhemd analog, meist aus feiner weißer
Leinwand oder Leinenbatist gefertigt, zuweilen leicht gebläut, an Kragen, Brust und
Handbesatz weiß oder farbig gestickt, nur selten „bäuerisch" gelassen. Seine Ärmel haben
entweder einen Handbesatz oder sind „flatternd", das heißt offen. Der Handbesatz wird
am Handgelenk mit einem Knopf oder Band geschlossen und zeigt keine besonderen
Varianten, allenfalls erscheint er mit einer gekräuselten Spitze oder verschiedenartigen
Stickereien benäht. Unter letzteren ist die Familienstickerei der Palöczen interessant,
die sogenannte „Schlange", welche besonders für den Handbesatz gestickt wird. Jede
einzelne Familie besitzt ihr eigenes Muster, das sie niemals ändert, mit dem sie ihr Eigen-
thum vor Verwechslung schützt und das die Familien untereinander nicht weniger gut
keimen als die großen Familien ihre Wappen. Sie sind auch stolz darauf und oft genug
hört man auf eine Prahlerei die beißende Entgegnung: „Ja, jetzt spricht die blaue Würfel-
schlange". Der „flatternde" Ärmel, der mittelst feiner dichter Nadelfalten an den ziemlich
tief unter die Schulter herabreichenden Schulterfleck genäht ist, hat drei Abarten: den
„einfachen Kalbsmaul-Ärmel" (dornxüs^as) von mittlerer Weite, am Ende einfach
gesäumt und bis ans Handgelenk reichend, daher auch von bejahrteren ehrbaren Leuten
getragen; dann den „kurzen Ärmel" von voller Weite und ganz rundgeschnitten, so
daß er, auf den Tisch gebreitet, einen Kreis bildet und dabei noch nicht einmal ganz
glatt aufliegt, — er wird von Hirten getragen und ihr herabhängender Arm mit dem
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch