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der Donau in allen Stücken sozusagen mit einander vertauscht. Diesseits der Donau, im
Alföld, ist der Mkas? der strammste, keckste, herausforderndste, pfiffigste, findigste und
zäheste, der kanas? aber der unbeholfenste, einfältigste, harmloseste, untertänigste. Jenseits
der Donau ist gerade das Umgekehrte der Fall.
Die ungarische Volkstracht besitzt auch noch einige Varianten, die ihre Urwüchsigkeit
rein bewahrt haben und einer besonderen Schilderung würdig sind, so die Trachten der
Szekler und Kalotaßeger, der Palöczen in Borsod und Heves, der Jazyger, der Waizner
Gegend, des Matyuslandes, der Eisenbnrg-Zalaer Bevölkerung, der Ormansag, Donan-
Särköz u. s. w. Jeder einzelnen soll passenden Ortes gedacht werden, vorderhand wollen
wir blos die beiden letzteren vorführen. Die eine ist weiß, die andere bunt, aber obgleich
sie wie Gegensätze erscheinen, deutet doch Vieles darauf hin, daß beide Stämme, wie in
Sprache, Gestalt, Neigungen und Belustigungen, auch in der Tracht Verwandte sind.
Längs der Drau, von Csnrgö bis Berzencze, fast bis Essegg hinab und von da am
rechten, ja an einer Stelle 'auch am linken Ufer der Donau hinauf bis Szegßärd wohnt
in etwa zweihundert Dörfern dieser besondere Schlag des magyarischen Volkes, den man,
hauptsächlich nach den charakteristischen Ärmelhemden der Frauen, als „Weißmagyaren"
bezeichnen könnte und dessen originellste Ausprägung in der Volkstracht der „Ormäusäg"
zu erblicken ist. Hierher sind auch noch vier altmagyarische Gemeinden Slavoniens zu
rechnen. Die weibliche Volkstracht der Ormansag ist der von Kalotaßeg vielfach ähnlich,
aber einfacher als diese.
In jedem Hause der zweihundert Dörfer ist der Webstuhl zu finden. In jeder
Wirthschaft schaltet die Frau über ein Viertel bis zwei Viertel Hanfacker. Der Ertrag
desselben wird zur Zeit der Fliederblüte gesponnen („steht Flieder in Pracht, der Rocken
kracht") und um Georgi gewebt. Am St. Georgstag wird der Webstuhl bei Seite gestellt
und ein Haus, in dem auch noch später das Schifflein poltert, wird von der Nachbarschaft
ordentlich gehechelt. („Der Frühling ist vor der Thür, bei Muhme Säri quaken schon
die Frösche", das heißt: klappt das Schifflein.) Steigt die Frau endlich vom Webstuhl
herab, fühlt sie sich nicht wenig mitgenommen. Das Mädchenvolk setzt sich nur dann und
wann hinauf, um es bei Zeiten zu erlernen. Dieser Volksstamm behandelt den jungen
Nachwuchs mit besonderer Schonung und gestattet ihm keinerlei Arbeit, die ihn in der
Entwicklung beeinträchtigen könnte. Daher kann sich das junge Volk stets weiß, in reine,
frischgewaschene Wäsche kleiden, das des Häuslers ebensogut, ja zuweilen noch schöner,
als das des Sessionsbesitzers. Das hängt eben vom Fleiße der Einzelnen ab. Und doch
hat dieses Weiß einen großen Feind, besonders in der Somogy, um Szigetvär herum,
nämlich den Rauch. Einen Schornstein haben die auf Grundpfosten gebauten Häuser
nicht, so daß der Küchenrauch das ganze Haus durchzieht und besonders auch die Kleider
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch