Page - 499 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
Image of the Page - 499 -
Text of the Page - 499 -
499
Brodfrüchte sind, deren Überschuß in immer geringerer Menge als Rohstoff ins Ausland
geht. Allerdings findet nur noch unser feinstes Mehl im Auslande Käufer, aber selbst die
Nachahmung des Verfahrens unserer Mühlen-Industrie im Auslande hat dieses Prodnet
nicht aus den reichen Städten Englands verdrängen können; in desto größerem Maßstabe
jedoch findet das schwärzere Mehl im Jnlande Absatz, wo Brodsrüchte und daraus
gewonnenes Mehl nebst Teigwaaren im Betrage von fast zweihundert Millionen jährlich
verzehrt werden, während ein Mehlüberschuß im Werthe von fast fünfzig Millionen
Gulden nach auswärts geht. Die gesammteu Mühlen vermahlen rund 22 9 Millionen
Quiutal Getreide per Jahr, wovon nahe an 14 5 Millionen auf die Dampfmühlen
entfallen und 14 Millionen von Weizen stammen. Die eilf Budapester Dampfmühlen
allein sind imstande 600.000 Qnintal Mehl jährlich zu erzeugen, beschäftigen über
3.000 Arbeiter und verbrauchen anderthalb Millionen Qnintal Kohlen. Und nicht nur
Mehl, sondern auch eiu Überschuß von Teigwaaren gelangt schon zur Ausfuhr; freilich
ließe sich davon noch weit mehr erzeugen, als thatsächlich verkauft wird. Auch wächst in der
That die Anzahl der Teigwaarenfabriken von Tag zu Tag, und die Zeit ist nicht mehr
ferne, wo das berühmte englische Theegebäck nicht mehr nach Ungarn einströmen, sondern
eines von viel schmackhafterer Qualität von da ausgeführt werden wird.
An Quantität geringer, aber gleichfalls in aufsteigender Richtung sich bewegend
erscheint die Fleischwaaren-Jndnstrie. Da muß nun wohl einUnterschied gemacht werden
einerseits zwischen dem Verbrauch von rohem Fleisch und der — meist in Gestalt lebender
Thiere erfolgenden —Fleischausfuhr und anderseits den das Fleischmaterial verarbeitenden
Industriezweigen. Der Fleischkonsum der Bevölkerung ist noch einer beträchtlichen
Steigerung fähig und auch der Stand der Viehzucht ließe eine noch bedeutendere Vieh-
ausfuhr zu. Eines guten Rufes erfreut sich aber schon jetzt die an vielen Punkten des
Landes betriebene Salami-Fabrication, und auch die Couserveu-Production nimmt
immer mehr den Charakter einer Fabriks-Judustrie au. Die letztere bringt in zierlichen
Blechdosen sogar mehrere Nationalspeisen in Verkehr, so namentlich das im ganzen Lande
beliebte „Gulyäs-Fleisch", welches bereits mehreren Fabriken schmeichelhafte Anerkennung
seitens der Armee eingetragen hat und in der Heeresverpflegung offenbar zu einer
wichtigen Rolle berufen ist.
In die Reihe der Nahrungs- und zugleich Genußmittel gehört noch der Zucker,
dessen Fabricatiou im Lande schon einen sicheren Boden gefunden hat. Zwar ist auf diesem
Gebiete unleugbar ein mörderischer Wettkampf unter den Staaten Europas ausgebrochen,
eine gekünstelte Zollpolitik und eiu Wettlauf von Exportprämien machen es da der
schwächeren Industrie fast unmöglich zu bestehen; was jedoch die Fabrikation bei diesem
Wettbewerb einbüßt, das wird dnrch die Errnngenschasten einer von Tag zu Tag
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch