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in ganzen Wagenladungen nach dem Alföld hinab, von wo sie im Tausche Weizen und
anderes Getreide heimbrachten. Diese häuslichenFabrikscolonien haben zwar ihre Thätigkeit
auch jetzt noch nicht ganz eingestellt, doch ist ein Theil ihrer Rolle auf das Gewerbe über-
gegangen, welches all das Geschirr geschmackvoller formt uud besser brennt nnd daneben
auch schon in reicher Abwechslung künstlerisch gefertigte Öfen liefert; den Rest ihrer
Thätigkeit hat das Kunstgewerbe an sich genommen, dessen fabriksmäßig betriebene
Etablissements Dank der künstlerischen Veredlung ihrer Erzeugnisse der ungarischen
Majol ika einen Weltruf erworben haben. Diese wird namentlich von einem Etablissement
ersten Ranges bei Fünfkirchen mit tadellosem Geschmack erzeugt, während die altberühmte
Herender Fabrik die feinsten Nachahmungen von chinesischem und japanesischem
Porzellan liefert.
Die in neuerer Zeit so vielfach verwendeten Thon- und Steinmasse-Röhren,
feuerfesten Ste ine und Ziegel u. s. w., vor Allem aber die Bau- und Dachziegel
jeder Art werden im ganzen Lande massenhaft fabricirt, und zwar von Ziegeleien mit
Ringöfen allerneuester und vollkommenster Constrnction, so daß dem stetig zunehmenden
Banbedürfniß des Landes, und besonders der Hauptstadt, vollauf entsprochen wird.
Schade, daß die für den täglichen Gebrauch so unentbehrlichen gewöhnlichen Artikel aus
Porzel lan uud Steinmasse, das Wedgwood-Tischgeschirr und dergleichen »och
immer größtentheils vom Auslande geliefert werden, obgleich das an mehreren Punkten
des Landes entdeckte Kaolin auch dieser Industrie eiu reichliches uud gesichertes Roh-
material bietet, wie denn auch neuestens ein Unternehmen sich gebildet hat, das anch diesen
Zweig des Bedarfes durch inländisches Erzeuguiß decken soll.
Solches ist zum Theil bereits der Fall bei der Glasindustrie, die jedoch seltsamer-
weise, so uralt sie im Lande ist, bis auf den heutigen Tag nicht genug erstarken konnte,
um die reiche Weinproduetiou des Landes und dessen nicht minder ergiebige Mineralquellen
mit den nöthigen Flaschen zu versehen, deren größter Theil vielmehr noch jetzt aus Böhmen
und Sachsen bezogen wird. Die Glashütten, deren einige wohl bei großem Capitalaufwand
zeitgemäß eingerichtet sind, stecken noch immer meist in den engen Gebirgsthälern, wo
ihre Thätigkeit gleichsam einrostet. Erst neuestens ist ein Etablissement in Zay-Ugrocz,
diesem kleinen Jndnstriecentrnm, eingerichtet worden und seine Fabrikate beginnen mit
den besten der Wiener Firmen zu wetteifern. Auch früher hatten zwar manche Hütten,
besonders im Nögräder Comitat, Ehre aufgehoben durch künstlerische Ausführung,
Reinheit des Materials, Geschmack in Schnitt, Schliff und Farbe, zu einer Massen-
produktion aber war es nicht gekommen. Jetzt dagegen ist mit Sicherheit zu erwarten, daß
in Kürze auch die bisher gänzlich vernachlässigte Spiegelfabrieat ion, als ein Theil
dieses reich gegliederten Industriezweiges, in Schwung gerathen wird.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, Ungarn (1), Volume 5
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, Ungarn (1)
- Volume
- 5
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.41 x 22.5 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch