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Das Mühlviertel.
Das Mühlviertel ist der südlichste Theil der uralten böhmischen Festlandscholle,
welche schon zu einer Zeit, als an Stelle der Alpen noch ein tiefes Meer, belebt dnrch
eine vielgestaltige Thierwelt, sich erstreckte, ihre Gneißbänder nnd Granitmassen aus
breitete und durch die zerstörende Kraft ungezählter Jahrtausende bereits eiue weitgehende
Abspülnng erlitt. Die Mitte des Gebietes ist etwas eingesenkt, über dieselbe läuft der
uralte Handelsweg von Böhmen zur Donau, der Westen bildet die Vorlage des eigent-
lichen Böhmerwaldes, im Osten zieht ein kuppenreiches Waldgebirge an der Grenze der
beiden Erzherzogthümer bis an die Donau.
Die Trennung des Mühlviertels vom Böhmerwald ist nicht so leicht, da der land-
schaftliche Charakter beider in einander übergeht; am besten ist es, die flache Einsenkuug,
durch welche der Schwarzenberg-Kanal die Holzmassen der böhmischen Forste zur Mühl
trägt, als solche anzunehmen; westlich davon liegt als Antheil Oberösterreichs am Böhmer-
walde die Blöckensteingruppe oder das Dreisesselgebirge, welches bis an die Einsenkuug au
der Moldauquelle bei Kuschwarda sich ausbreitet. Beiläufig in der Mitte seiner Längs-
erstreckuug ist der Kamm tief eingeschnitten, der Klafferbach folgt dieser Rinne, die einen
Zugang in das weite Wäldergebiet eröffnet. Auf drei Seiten von Waldbergen eingeschlossen,
dringt der Blick nur gegen Süden hinaus zu den bebauten Thallandschaften an der Mühl.
Ein einsames Forsthaus liegt am Wege, ein frischer Röhrbrunnen, eine Kapelle, auf
Büchsenschußweite einige ärmliche Holzschlägerhütten — das ist das Bild, wie es sich hier
und an so manchen Punkten des Eintritts in den eigentlichen Böhmerwald darbietet.
Durch hochstämmigen düsteren Nadelwald, nur hier und da von lichteren Buchen-
beständen unterbrochen, geht es steil hinau auf den Grenzwall. Schon nimmt die Höhe
der Bäume ab, die Wege werden zu Steigen, immer mühseliger wird das Vorwärtsdringen,
Bergmatten mit buuteu Kräutern, mit Gestrüpp und einzelnen Wettertannen bestanden,
zeigen sich hier und dort. Tief sinkt der Fuß in den moorigen Boden ein. Endlich haben
wir die Höhe erreicht und klimmen über Stock und Stein einem Felsgemäuer zu, das au
einer hohen Wand endigt. In der Tiefe liegt der stille Bergsee zwischen weißen von
Farrenwedeln und Krummholz überdeckten Granitblöcken, eingefaßt von der düsteren Brane
des Waldes, die Stätte, welche Stifter im Hochwald so meisterhaft schildert. Vou der
Seewaud mit dem Obelisken, der des Dichters Namen trägt, schweift der Blick weit nach
Böhmen über breite endlose Forste, bis im blauen Duft die Berge verschwimmen.
Wunderliche Felsformen nehmen den Rücken des Berges ein, Reste einer mächtigen,
nun zerstörten Gesteinsdecke, deren bizarre Gestalten nmsomehr überraschen, je weniger
ausgezeichnet die Bergformen, je sanfter die Contonren sind. Über unregelmäßige Lagerung
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch