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Jahren aus Holz, Bast oder Flachs erzeugt, was au Getreidearteu gesäet, an Thiereu
gezüchtet oder erlegt wurde. Ein besonders vollständiges, in den kleinsten Umständen klares
Bild jener einstigen Bewohner lieferten die Pfahlbaufunde, die an den seichten Seenfern
oder im Boden ausgetrockneter Wasseransammlungen allmälig zu Tage traten.
Aus Pfählen, die dicht aneinander gereiht in den Seeboden geschlagen und mit
Bohlen bedeckt wareu, erhoben sich runde oder wohl auch viereckige Hütten mit Binsen
und Stroh gedeckt, in denen an einem Herde in der Mitte des Wohnraumes die Speiseu
zubereitet wurden, während ringsumher die Familienglieder lagerten. Neben den Wohn-
hütten waren die Ställe für das Herdenvieh, die Vorrathskammern für Getreide und
Nahrungsmittel aller Art. Solcher Hütten gab es viele nebeneinander. Das Pfahldorf war
mit dem Lande durch lange Brücken in Verbindung gebracht; den Verkehr auf dein Wasser
aber vermittelten Kähne, die, aus einem Baumstamme gefertigt, mit unseren sogenannten
Einbäumlern Ähnlichkeit hatten.
Obwohl anfangs nur mit selbstgefertigten Werkzeugen und Waffen aus Stein und
Knochen versehen, betrieben die Bewohner der Pfahlbauten nicht nur Fischfaug uud Jagd,
sondern auch Ackerbau und Viehzucht und hatten eine industrielle Begabung, die ihnen
gestattete, sich mit den einfachsten Mitteln Alles zu beschaffen, was das Lebensbedürfniß
einer seßhaften Bevölkerung erheischt. — Da finden sich Thongeräthe in den mannigfachsten
Formen und von guter Consistenz, ans freier Hand geformt und am offenen Feuer
gebrannt, Spinnwirteln, Schalen und Becher aus demselben Material, Bastgeflechte,
Stricke und Taue, Leinenwebereien mit Stickereien, bearbeitetes Leder, aus Holz geschnittene
kleine Gefäße, Axtstiele, Hirschhorngeräthe für die Bearbeitung des Bodens und als
Einfassungen der Steinbeile oder zu anderem Nutzgebrauche, endlich Steinwaffen- und
Geräthe in oft wundervoller Bearbeitung. Feuersteine, Quarzkrystalle, Obsidiaue wurde»
zu Pfeilspitzen, Lanzenspitzen, Messern und Schabern verwendet, die härtesten Felsarten,
wie Diorit, Serpentin, Hornblende n. s. w., zu Beilen, Äxten, Meißeln zugeschliffen uud
als Hämmer verwendet. — Als Schmuck dienten durchbohrte Zähne des Bären, des
Hirsches oder Schweines nebst schön gearbeiteten und durchbohrten Steinkorallen, die in
mehreren Reihen um den Hals oder wohl auch in den Ohren oder in der Nase getragen
wurden. Selbst die Steinkohle findet sich mit zum Schmucke verwendet, der Bernstein der
nördlichen Meere ist in dieser Epoche aber noch selten.
Wohnungen auf Pfählen vereinigten die Vortheile einer gesunden und gesicherten
Lage bei leichtem Verkehr untereinander. Besonders an Seen, die wegen ihrer Tiefe selten
oder nie zufrieren, war die Annäherung der Feinde in großer Menge und die Über-
rumpelung durch nächtliche« Angriff ausgeschlossen und eine Einschließung nnmöglich,
weil der Verkehr über den See stets offen blieb. Wir können uns ganz gut vorstellen, daß
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch