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Nicht »linderen Schrecken erregt bei den Kindern der Klanbauf, eine Riesengestalt
mit ungeheurem Bart uud einem Rückenkorb, aus dem es wie Kindeswimmern laut wird;
auch Hände nnd Füße, wie von Kindern, strecken sich aus dem Korb hervor oder es
baumelt wohl gar daran ein Kopf uieder. Jetzt hört mau von draußen ein erschreckliches
Gruuzen; der Leutsresser naht, eiue Figur mit einem Schweins- oder anderem Thierkopf
statt des Menschenhauptes auf den Schultern, Krallen statt der Finger und statt der Füße
Pferdehufe, die mit Macht den Boden stampfen. Er frißt die bösen Kinder, nachdem sie
im Nikläland gemästet worden sind. Hierzu kommen noch Jäger mit Hirschgeweihen auf
dem Kopfe, winzige Zwerge mit elleulaugen Bärten und Riesen, die mit den Köpfen bis
zur Stubeudecke reichen, aber bald kleiner bald größer werden, Einsiedler und anderer
abenteuerlicher Troß.
Der Niklaherr hält nun mit den Kindern, die sich ängstlich in den Winkel hinter
dem Tische geflüchtet haben oder die Mutter beim Kleide festhalten, strenge Prüfung und
spendet Lob lind Tadel uach Verdienst. Sodauu befragt er feinen kleinen Finger, der ihm
alle Fehler und Vergehen, sowie alle Vorzüge uud Tugenden der anwesenden Kinder
offenbart. Schon will der Krampns nach einem der Buben greifen, der es sonst am
kecksten zu treiben pflegt, jetzt aber ganz verdutzt im Tifchwiukel hockt; aber die gütige
Nikläfrau tritt schützend dazwischen. Doch bekömmt der kleine Thunichtgut eiue Havd voll
tauber Nüsse und eine Birkenruthe zum Geschenk, welch letztere ihn, wenn er je wieder
„schlimm" sein sollte, von selbst dnrchblänen wird. Die guten Kinder dagegen werden
reichlich beschenkt. Dabei bekommen sie Brode, welche den Nikla, den Krampns, Hirsche
und dergleichen vorstellen.
Hat der Oberösterreicher die Kinderschuhe ausgezogen nnd ist er in die Jugend-
jahre eingetreten, beginnt dem Bürschcheu der Bart an der Oberlippe hervorzustechen, so
fängt ihn wohl auch sonst der „Haber zu stechen" an. Er gesellt sich mit seinen Altersgenossen
in eine „Rud" (Rotte) zusammen. Mit einander gehen sie, mit einander zechen sie, mit
einander singen sie, mit einander tanzen sie, mit einander ziehen sie zum „Kirta" (Kirchtag,
Jahrmarkt im Dorf), mit einander und für einander raufen sie, und besitzt der Eine oder
der Andere von ihueu „einen Schatz", so bringen sie ihm mit einander wohl auch einmal
ein Ständchen dar.
Doch bleibt bei solchem Liebes-Stelldichein, beim „Gasselngehn" uud „Feusterlu"
in der Regel jeder lieber allein, ja er wacht wohl eifersüchtig darüber, daß ihm kein
anderer „in's Gän" geht, sonst setzt es Hieb und Stich und Blut.
In stiller Abenddämmerung, bei Hellem Mondschein und Sternefnnkeln, in winter-
licher Kälte oder in lauer Sommernacht geht der „Bna" zn seinem „Dirndl". Da pflegt
es hinter dem Walde oder jenseits des Thales oder von einer Bergeshöhe her u. s. w.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch