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einen Stecken gereiht und über der Achsel von Haus zu Haus mitgeschleppt. Dafür ist
aber auch eines der Gerichte beim Hochzeitsmahl — und zwar beim eigentlichen Mahl —
eine Nudelhenne, wozu Meth und Wein getruuken wird. Es ist kaum zu verkennen, daß
es sich dabei um den Nachklang eines heidnischen Opfers und Opfermahles handelt.
Jetzt hat man diesen Hochzeitshühnern eine andere Deutung uutergelegt. Je nachdem man
mehr Hähne oder Hennen heimbringt, sollen den künftigen Eheleuten mehr Knaben oder
mehr Mädchen beschert werden.
Zn den wichtigsten Vorbereitungen zur Heirat gehört alleuthalbeu die Herstellung
der Ausstattung oder der Primiß (piaemissa oder ?rimitiae?). Darunter versteht man
den Hausrath, den Braut oder Bräutigam iu das Haus, auf welches sie zuHeiraten,
mitbringen. Es sind das Steh- und Schubladkasten, Aufsatzkästchen mit Glasthüren,
gefüllt mit Kleidern, schneeweißer Leinwand, sorgfältig gehecheltem, zu Raisteu geflochtenem
Flachs, mit feinerem Küchengeschirr n. s. w. Ganz besonders aber gehört dazu das
„Heiratsbett" oder auch mehrere Betten, Hochauf mit Bettzeug gefüllt, und, handelt es
sich um eiue Braut, auch uoch Rocken, Spinnrad nnd Haspel, zierlich gearbeitet und von
einem ländlichen Künstler bemalt. Haben Brautmutter, Schneider, Nähterin, Tischler alle
die Herrlichkeiten zu Staude gebracht, so werden diese Brautgüter, die Primiß, im Hause
zur Schau ausgestellt, uud wer dieselben bewundern will, ist willkommen. Die Nachbarin
mit ihreu Kiuderu, Jugendgefährtinnen der Braut, Basen und Mnhmen, Göd' und God'n
u. f. w. unterlassen es nicht, diese Hochzeitsschätze zu besichtigen und zu bewundern und
den aufgestapelten Reichthum uud Flitter noch durch selbst herbeigebrachte Gaben zu
vermehren. Wen man ehren will, dem „gibt man etwas in die Hochzeit". Zum Heiratsgut
gehören auch eiue oder zwei Kühe nebst einer Kalbin, ähnlich wie bei den Germanen zur
Römerzeit vom Freier Rinder gegeben wurden, um die Braut aus dem Mundverhältnisse
zu lösen.
Am letzten Tage vor der Hochzeit oder auch schon etwas früher, ausnahmsweise
auch erst am Tage nach der Hochzeit, erfolgt das feierliche Primißführen, wie der
Jnnviertler, oder das Brautgüterführeu, wie der Mühlviertler sagt, das heißt das Über-
führen der Heiratsansstattnng ans dem Elternhause der Braut, respeetive des Bräutigams,
in die neue Heimat derselben. Betten, Schränke, Kasten, Tische n. s. w. werden auf sauber
angestrichene Leiterwagen gebracht, zu oberst das Spinnrad und der Haspel oder aber eine
Wiege. Je mehr Wagen zum Transporte nothwendig sind, desto, nobler. Jeder derselben
wird mit vier stattlichen Rossen bespannt, die in den schönsten, mit Bändern und Blumen
verzierten Geschirren prangen und stolz ihre Last ziehen. Hinter dem Wagen folgt die
Brautkuh nebst Kalbin, von deren Hörnern bunte Bänder stattern. Den Schluß macht die
Braut, respeetive der Bräutigam, mit einem Handkvrb am Arme, in welchem die Brant
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch