Page - 159 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
Image of the Page - 159 -
Text of the Page - 159 -
159
Beim Leuchten der Sonnenwendfeuer sank Balder, der Sonnengott, ins Grab, und
wenn am Tannenbaum Schnee und Reif wie Lichtlein glitzerten, woraus die Sinnigkeit
des Christenthums den Christbaum gestaltete, erwacht er zu neuem Leben.
Auffallend ist die zeitliche Ausdehnung dieser Festlichkeiten. Die Wintersonnenwende
fällt astronomisch auf den 21. December. Noch jetzt spielt der Thomastag eine bedeutsame
Rolle im Glauben und Meinen des Volkes; er ist hier und da die erste von den Ranch-
nächten. Er steht ferner genau zwischen dem Nikolaustag und dem Dreikönigsfeste. Am
21. December hat man offenbar in heidnischer Zeit das Fest der Wintersonnenwende
begangen, 15 Tage dienten zur Vorfeier und 15 folgten als Nachfeier.
Die Nähe der Überirdischen öffnete auch den Menschen den Schleier der Zukunft.
Noch jetzt sucht man gerade in diesen Tagen durch allerlei abergläubisches Thun und
Treiben Aufschluß über die Zukunft zu erhalten: Heirat, Elternfreuden, Tod — will man
in den Zwölfnächten erfragen. Wem wären das Bettstasfeltreten, das Zwetschen- oder
Weichselbanmschütteln, das Zannsteckenzählen, Holztragen, Stecken- und Pantoffelwerfen,
das Bleigießen n. f. w. unbekannt? — Lauter Bräuche der Thomasnacht. Weniger bekannt
dürften sein das Leinsamensäen, das Leirerlosen, das Hütchenheben und die Nußlichtlein.
Beim Leinsamensäen („Linsetsaan") nehmen heiratslustige Mädchen Leinsamen
(„Linset") in die rechte Hand und streuen ihn, im Bette liegend, rückwärts über das Haupt
mit deu Worten: „I saa (säe) ein' Sam' in Thomas Nam', in Thomas' Gart'n, will i auf
mein' Bräutga' wart'n", worauf ihnen der künftige Ehemann im Traume erscheint.
Leirer nennt man das Butterfaß. Beim Leirerlosen geht mau Abends während
des Aveläntens in das Vorhaus, wo der Leirer zu stehen pflegt, und hält das Ohr au
dessen viereckige Öffnung. Je nach dem Tone, der sich hören läßt, z. B. Mühlengeklapper,
Schmiedegehämmer, Sensenklirren, ist Stand und Gewerbe des „Zukünftigen" beschaffen.
Zum Hütchenheben („ Hüetlheb'n ") nimmt man neun Hüte oder Hauben, oder
auch Körbchen, Schüsseln und dergleichen und legt oder stellt sie auf den Tisch. Darunter
gibt man: Ring (Heirat), Geldbeutel (Reichthum), Schlüssel (großes Anwesen), Kind
(Elternfreude), Kamm (Ungeziefer), Tuch (Trauer), Bündel (Wandern), Rosenkranz
(Frömmigkeit); ein Hut bleibt leer (Tod). Hat man diese Gegenstände unter die Hüte
vertheilt, so führt man den, der die Zukunft erfragen will, herein, verbindet ihm allenfalls
noch die Augen und läßt ihn eines von den Hütchen oder auch drei aufheben. Was er
darunter findet, meldet ihm seine Zukunft. — Unwillkürlich denkt man dabei an die
Nachricht, welche uus Tacitus über die Art und Weise gibt, wie die alten Germanen mittelst
der Lose die Zukunft erforschte».
Im Hausruckviertel gibt man Wallnußschalen, in denen kleine Lichtlein brennen,
in eine mit Wasser gefüllte Schüssel. Wenn innerhalb einer gewissen Zeit ein solches
back to the
book Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Oberösterreich und Salzburg, Volume 6"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch