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Neben dem erotischen Schnadahüpfl kommt auch, obwohl seltener, das mehrstrophige
Liebeslied vor. Die rauhe Hand des Schicksals hat die Liebenden für immer getrennt; die
Geliebte klagt also:
B'hüet di Gott, lieber Bua,
Hast ma gnumma mein Ruah,
Was d'ma du alls bist gwest,
Sag i heunt erst, weilst gehst. Wirst ma dös schon hast gsagt.
Hat mein Herz gwaldi zagt,
Han i d'Angerl znadrnckt,
Han die Zaaherl > verschluckt.
Da die Schnadahüpfl, die im Schwange sind, nach Tausenden zählen, so ist es
ferner selbstverständlich, daß nur ein geringer Theil derselben auf poetischen Werth Anspruch
erheben kann.
Die Liebe ist zwar vorherrschend, aber nicht ausschließlich der Gegenstand der
Schnadahüpfl. Das Volk hat eine satirische Ader; harmlose Neckerei, beißender Spott
bilden nicht selten den Hauptinhalt des Gespräches bei Zusammenkünften in der Stube
oder im Wirthshaus; kein Wunder, daß es auf alleu Tanzböden von Trutzliedern
ertönt. Gar oft gibt ein solches Lied Anlaß zu blutigen Reibereien, die ihren Abschluß vor
Gericht finden. Diese Lieder vertreten auf dem Dorf gewissermaßen die Journalistik:
Gibts wo a Neuigkeit,
Das is halt unser Freud, Dö thoan ma glei auslög'n.
Da thuats was z'lacha göb'n.
Pfarrer und Bürgermeister, Lehrer und Gemeinderath müssen sich die Kritik der
übermüthigen Sänger gefallen lassen. Wer immer durch eine Thorheit sich bloßstellt oder
gar zu Schaden kommt, thut gut, auf einige Zeit die Tanzböden zu meiden, wenn er nicht
erfahren will, daß, wer den Schaden hat, für den Spott nicht zu sorgen braucht.
Seitdem das politische Leben auch das Landvolk in seinen Bann gezogen hat, tritt
besonders im Flachlande, in der Nähe der Städte und der größeren Berkehrscentren auch
die politische Dichtuug auf. Die Stellung der Sänger, durchaus junge Bursche, die an der
Politik keinen Antheil haben, bringt es mit sich, daß diese Dichtung nicht Partei nimmt,
sie beobachtet und kritisirt. Als die Grnndsteuerregulirung im Gang war und Grund nnd
Boden clasfificirt wurde, sang man:
Hiatzt habn's agschaatzt ön Grund,
Der Bauer is aus'n Hund; Das hoaßens regulier n,
Wanns d'Leut recht anschmiern.
Den neugewählten Reichsrath begrüßten die Sänger mit Liedern wie folgendes:
Hiatzt wer'n ma halt Hern,
Was's Gnats auskocha wer'n; Wir glaub n halt schan,
Sö brennand d'Snppen wieder an.
' Zähren.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch