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Einzelnhofes, geographisch eine abgeschlossene Einheit und die Parcellen sind mit einer
gewissen Regelmäßigkeit vertheilt. Die Häuser des Dorfes sind nicht allzu nahe aneinander
gerückt und der niemals fehlende Hausgarten gestattet jeder einzelnen Familie eine gewisse
Freiheit der Bewegung. Jeder Hof hat, wenn sich das Thor nicht auf die Gasse öffnet,
seine eigene Zufahrtsstraße, die auf die Dorfgasse mündet. Diese verzweigt sich nach zwei
oder mehreren Richtungen hin durch den Gruud und trifft au der Grenze mit der Straße
des Nachbardorfes zusammen.
Die geschilderten Anlagen finden sich im ganzen Lande, doch so, daß mit der
Verflachung des Terrains der Einzelnhof seltener wird.
An der Grenze von Salzburg ist das Alpenhaus bis zum linken Ufer der Mattig
vorgedrungen, wird aber in neuerer Zeit von der im nördlichen Jnnviertel seit Alters her
üblichen Hofanlage zurückgedrängt. In das nördliche und nordöstliche Mühlviertel ist aus
den benachbarten Bezirken von Böhmen und Niederösterreich das Gassendorf ein-
gedrungen, welches der Landschaft in dem Grade einen eigenartigen Charakter verleiht,
daß der Bewohner der südlichen Bezirke, wenn er in die Gegend von Mönichdorf oder
Zwettl kommt, in einem fremden Lande zu sein wähnt. Die Gasse geht geradlinig mitten
durch den Dorfgrund; rechts und links von der Gasse laufen die langgestreckten, verhältniß-
müßig schmalen Parcellen auseiuauder. Wo diese mit der Schmalseite au die Gasse stoßen,
liegen die Höfe so angeordnet, daß das Wohnhaus mit der Giebelseite auf die Gasse schaut;
eine Holzplanke verbindet je zwei Nachbarhöfe. Häufig erweitert sich die Gasse zu einem
ringförmigen Platz, Pregarteu genannt, der nmfriedet ist und als Tummelplatz für das
Kleinvieh oder als Weideplatz für den Dorfstier dient. Mitunter erscheint auch die einseitige
Dorfanlage, in welchem Falle sich die nicht immer geschlossene Häuserzeile eine halbe
Wegstunde und darüber an der Straße hinzieht. Mit dem Gassendorf ist stets auch die
in deu augreuzeudeu Bezirken von Böhmen und Niederösterreich herrschende Hausform
verbünde». Im Wesentlichen bestehen die ziemlich gleichförmig angelegten Höfe aus zwei
parallelen Tracten, die durch eine Bretterwand oder eine dünne Mauer verbunden sind;
ein Thor gewährt dem Fuhrwerk, die dauebeu angebrachte Thür dem Fußgänger Zutritt
zu dem rechteckigen Hofraum, der nach rückwärts durch die quergestellte Scheune
abgeschlossen wird. Sowohl die beiden Seitenflügel als auch die Scheune stehen unter
einem besondere» Dache. Von der „Gred", die an den beiden Flügeln hinläuft, tritt man
in das Vorhans, von dem aus besondere Eingänge in die kleine, fensterlose Küche nnd in
die geräumigere Wohustube führen. Diese empfängt ihr Licht durch je zwei Fenster von
der Gasse und vom Hof her. An die Stube lehnt sich eine kleine Kammer, deren einziges
Fenster auf die Gasse schaut. Der Kochherd steht hinter dem großen Stubenofen. Der
offene Sommerherd der Küche dient fast ausschließlich zum Backen der beliebten „Krapfen".
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch