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Mit der Pfarrkirche in Steyr ringt um den Preis der Schönheit jene zu Braunau
und trägt vielleicht, Dank ihrem Thurme, über die erstere deu Sieg davou.
Mit dem Anbruche des XV. Jahrhunderts war Brannan zu großer Wohlhabenheit
erblüht und seine Bürgerschaft faßte den Entschluß, ein ihrer würdiges Gotteshaus zu
Ehre» des heiligen Stefan zu baueu. 1439 wurde der Grund znr heutigen Pfarrkirche
gelegt, deren Ban zwar 1466 vollendet war, 1485 jedoch einstürzte und erneuert ausgeführt
werden mußte. Eine Marmortafel bewahrt uns deu Nameu eines Baumeisters der
Stefanskirche: Stefan Kchrnmenawer. Mit dem Thurme, dem höchsten im Lande ob der
Enns, wurde erst 1492 begonnen, doch blieb seine Spitze unvollendet, daher sie die
Barockzeit mit eiuer kupfernen Kuppel abschloß. In Hausteinen und Ziegeln gebaut
und in großen Maßverhältnissen angelegt, ist der Brannaner Münster eine dreischisfige
Hallenkirche; dadurch, daß die Fensterwand nicht an die innere, sondern an die äußere
Flucht der Strebepfeiler verlegt wurde, ergab sich zu beiden Seiten des Langhauses eiue
Reihe von Kapellen, welche nur durch zwei Seiteneingänge unterbrochen ist; so sehr das
Innere an Weite und Bedentnng gewann, verlor allerdings das Änszere durch die glatte
Flucht der Seitenmauern und das maßlvs breite Dach. Die Fa^ade zieren schöne Rosen
und eiue kraftvolle Vorhalle; die ohne Laubwerk mit Köpfen und Spruchbändern decorirten
Capitäle sind eine erwähnenswerthe Eigenheit, während die monolithe Kanzel und der
schön geschnitzte sogenannte Bäckeraltar von der splendiden ursprünglichen Einrichtung
zeugen. Der aus die Nordseite des Presbyteriums verlegte Thurm baut sich auf quadratischem
Grundplane in acht Stockwerken auf, durch kräftiges Maßwerk belebt und zweimal durch
Galerieu abgeschlossen, bis zu einer Höhe von 300 Fuß. Ganz mit Salzburger Nagelslue
in trefflicher Bearbeitung verkleidet, erhebt sich der Thurm, eiue dunkle gigantische Masse,
ehrwürdig und dräueud zugleich, über der alte» mauerumgürteten Grenzstadt am Inn.
Wenn „Seelgeräthe" und „Ablaß" die Mittel zum Kirchenbaue lieferte», so wußte
wieder der Adel Materialien uud Frohndieuste für deu Bau seiner Burgen den Unter-
thanen abzufordern; es geschah auch, daß Glücksritter, wie die Zeller und Losensteiner, eine
Schar niederen Volkes zusammenfingen und sie zur Errichtung einer Ranbveste preßten; nnr
die im Burgbau erfahrenen Bau- uud Werkmeister mußten verpflegt uud belohnt werden.
Die größtmögliche passive Widerstandskraft bildet den leitenden Gedanken der
Anlage, daher die Wahl der Bnrgstelle entweder dort, wo Gewässer das Außenfeld
ungangbar machen, oder anf Höhen, meist felsigen Rückfallknppen, welche, dnrch einen
Einschnitt vom Gebirgsstocke getrennt, dem Angriffe nnr eine schmale Front bieten. Die
Besten für den Raub legte man gerne in versteckten Schluchten an, so z. B. Tannberg,
Lichtenhaag, Windegg u. f. w. Das Materiale ist meist auf der Baustelle gewonnen; wir
finden theils Bruchsteingemäuer theils Quaderbau, nirgends in Oberösterreich Backstein
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch