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December 1598 abbrannte, machte man kaum einen Versuch, ihn wieder herzustellen,
obwohl eigentlich nur das Dach zerstört und das Mauerwerk so fest war, daß man es
mit Pulver sprengen mußte. Aber wie hätte man von den Baumeistern der damaligen Zeit
Pietät für das verachtete Werk des barbarischen Mittelalters erwarten sollen? Ebensowenig
auch vom Erzbischof, der in derselben Geschmacksrichtung lebte und dem die Gelegenheit
gewiß nicht unwillkommen war, einen Bau ersten Ranges, das bedeutendste Werk, welches
überhaupt in einer Bischofstadt möglich ist, eine neue Kathedrale errichten zu können. So
sehr ließ er sich diese Freude anmerken, daß sich sofort das Gerücht verbreitete, er selbst
habe absichtlich jenes brennende Wachslicht im Oratorium zurückgelassen, an dem sich der
Brand entzündet hatte. Doch ist diese schwere Anschuldigung ganz unbewiesen und unglaub-
würdig. Der neue Dom, der nun erbaut werden sollte, war in Verhältnissen geplant, welche
die des später wirklich errichteten weit übertrafen, — ein Centralbau von Dimensionen,
welche für den verhältnißmüßig engen Stadtraum ganz ungeeignet gewesen wären. Da Wolf
Dietrich selbst nicht mehr in der Lage war, den Neubau zu beginnen, mußten ihn seine
Nachfolger durchführen, welche sich dann mit einem weit bescheideneren Plane begnügten.
Von Werken, die Wolf Dietrich unternommen hat, verdienen als monumental genannt
zu werden der Marstall, der sogenannte Neubau, ein Palast, dessen zum Theil noch
erhaltene Jnnendecoration sich durch Geschmack und Luxus auszeichnet, die erste Anlage
des Schlosses Mirabell, endlich die Colonnaden und die Mittelkapelle des Sebastian-
Friedhofes. Vieles Kleinere, wie das Kapuzinerkloster, eine neue Brücke, das Augustinerstift
Mülln sind künstlerisch unbedeutend.
Die Mittel, welche der Erzbischof zu so gewaltigen Unternehmungen benöthigte —
wurde ja sogar Vieles wieder niedergerissen, was ihm nicht gefiel — suchte er durch
bedeutende Steuererhöhungen hereinzubringen, welche die Liebe des Volkes nicht ver-
mehrten, wie er denn auch beim Capitel und seiner nächsten Umgebung wegen seines
herrischen und keinen Widerspruch duldenden Wesens sehr unbeliebt war. In der
auswärtigen Politik, soweit davon die Rede sein kann, nahm er eine sehr selbständige
Haltung ein. Er unterstützte zwar den Kaiser in dem Türkenkriege, wobei die Salzburger
auch Trophäen erbeuteten, welche jetzt noch das Museum schmücken. Seinen Unabhängigkeits-
sinn aber bewies er durch ein merkwürdiges Wahldecret, welches die Domherren für alle
Zukunft verpflichtete, niemals einen Habsburger oder einen Wittelsbacher zum Erzbischof
zu wählen. Dieses Decret, welches die Selbständigkeit des Erzstiftes zu wahren sehr
geeignet war, blieb bis zur Säenlarisation in Kraft. Besonders ablehnend verhielt er sich
gegen die Versuche Maximilians von Baiern, die katholischen Reichsstände zu dem
Bündniß der nachmals so berühmt gewordenen Liga zu vereinigen, — eine etwas auf-
fallende Haltung für einen Erzbischof.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch