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außerdem als Kriegscvutributionen und zur Erhaltung der Truppen gefordert wurden,
waren überaus hoch und vernichteten in wenigen Wochen den Wohlstand der Gemeinden
und vieler Privaten. Auch als noch im December ein Waffenstillstand eintrat, dem schon
im Februar der Friede (von Luueville) folgte, hörte die feindliche Invasion nicht auf, ja
Moreau hatte sogar eine Zeit lang hier sein Hauptquartier. Schlimmer aber noch als die
Einquartierungslast und der Übermuth der Sieger war das allgemein verbreitete
Bewußtsein, daß auch uach dem Abzug der Feinde eine Wiederherstellung des alten
Zustandes nicht zu erwarteu sei, sondern daß Salzburg zu jenen unglücklichen Gebieten
gehöre, welche damals als Ausgleichungsobjecte von den Diplomaten hin und her geschoben,
zerstückelt und zusammengelegt zu werden pflegten, wie es eben der Streit der Mächtigen
mit sich brachte. Lange dauerte die Ungewißheit, endlich aber schien sich Salzburgs Los
ganz überraschend günstig zu gestalten. Es sollte nicht blos die Unabhängigkeit bewahren,
sondern auch vergrößert und in die Hand eines Fürsten von bewahrter Regententugend
gelegt werden. In der That erhielt der Großherzog Ferdinand von Tos cana, der zweite
Sohn des Kaisers Leopold die Stifte Salzburg, Berchtesgaden, Passan nnd Eichstädt mit
dem Titel eines Kurfürstenthums als Entschädigung sür Toscana. Salzburg war so gewisser-
maßen eine Habsburgische Secuudogeuitur geworden und trat auch sofort in ein inniges
Bündniß mit Österreich. Dem nunmehrigen Kurfürsten, welchem die kleinen und rauhen
Gebirgsläuder nur als eiu schlechter Ersatz für das fchöue Laud der Etrusker erscheine»
mochten, kamen aber so warme Sympathien und so große Hoffnungen seiner neuen Unter-
thanen entgegen und er selbst brachte eiueu so wohlmeinenden Sinn nnd so viel politische
Einsicht mit, daß sich das Verhältniß zwischen Fürst und Volk alsbald ans das günstigste
gestaltete. Ohue die alten verdienten Staatsdiener bei Seite zu schieben, wurde doch eiue
Anzahl nothwendiger Reformen kraftvoll durchgeführt. Die größte Umgestaltung erfuhr
das Militärwesen, das im engsten Anschluß an Österreich zeitgemäß eingerichtet wnrde.
Alles ließ sich trefflich an, aber die großen europäischen Umwälzungen, welche dieses Kur-
sürstenthnm Salzburg gewissermaßen improvisirt hatten, fegten es nach kurzem Bestände
wieder hinweg. Eigentlich nnr drei Jahre (1803 bis 1805) hat es gedauert. Ein kurzer
Herbstfeldzug brachte 1805 die Franzosen nicht nur abermals nach Salzburg, sondern
auch uach Wieu und nöthigte Österreich znm nngünstigen Frieden von Preßbnrg. Österreich
verlor Tirol und erhielt dafür als Ersatz Salzburg nnd Berchtesgaden. Trauernd sah
man deu Kurfürsten Ferdinand scheiden. Die Vereinigung mit der großen Monarchie, als
deren Anhang man sich ja seit vielen Menschenaltern betrachten konnte, brachte wohl
bedeutende Vortheile, aber den Verlust der Selbständigkeit empsand man schmerzlich. —
Und wäre der nunmehrige Zustand doch nur von Dauer gewesen. Abermals waren es
nur drei kurze Jahre, die man Zeit hatte, sich in das Neue eiuzulebeu (1806 bis 1808).
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch