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den Spruch an, der in die Formel des Ehegesuches gekleidet ist: „Gar schön bitten, heiraten
lassen; die Kinder schon fleißig in Bettel schicken (werden wir)."
Trachten. — Seit Jahrhnnderten führte das Erzstift Salzburg ein besonderes,
wenn auch nicht abgeschlossenes Kleinleben. Die Lage zwischen hohen Gebirgen, auch das
geistliche Regiment übten eine erhaltende Kraft in verschiedenen Richtungen ans. Wie
hätten sich sonst in der Muudart so viel althochdeutsche Wortformen, in Sagen und
Gebräuchen so viel Anklänge an älteste Zeiten erhalten können!
Sieht man von den Hof- und Staatskleidern ab, die ehemals und jetzt nach stehender
Vorschrift angefertigt werden, so unterscheiden sich die Bauerntracht und die städtische
Kleidung der Achtziger-Jahre des vorigen und des laufenden Jahrhunderts zuerst in den
Bezugsquellen. Damals gab es fechshalbhnndert Leinweber im Lande, damals konnte der
Loden noch als beinahe allgemeine Landestracht angesehen werden, Wolle und Lein wurden
im Hausgespinuft verarbeitet.
Was war das noch für ein mauuigfaltiges und farbenreiches Bild zur Zeit des letzten
regierenden Erzbischofs Hierouymns beim Huldiguugseiuzug, bei einem Palliumsest im
Dome, am Charfreitag, Frohnleichnamstag, bei einem Hochzeits- oder Leichenzug! Diese
farbigen Staatsröcke uud Mäntel, Universitätsrector und Decaue mit verschiedeufarbigeu
Schultermänteln, schwarze Rathsherreu, die zwei bürgerlichen Stadtsähnlein, ihre Reiterei
und Kanoniere, der stattliche Hoftrompeter, die Soldaten des Leibregiments n. f. w..
Alles in verschiedenen Farben, Röcken, kurzen nnd langen Gollern, Strümpfen, Gamaschen,
Schuhen, Stiefeln, Tressen und Borten! Man sah die sonderbaren Traueranzüge mit
breiten, flachen Hüten, von denen schwarze Schleier herabhingen, lang hinabhängende
Perücken, die untere Gesichtshälfte schwarz verhüllt! Die Edelknaben in spanischer Tracht
hellroth iu Seide und Sammt oder duukelroth im deutschen Anzug! Dauu die kirchlichen
Bruderschaften iu weißeu, rothen, blauen, gelben, schwarzen Kutten, barhaupt oder den
ganzen Kopf mit einer Spitzkapuze verhüllt, die nur die Augen offen ließ, die Büßer Kreuze
tragend oder sich deu Rückeu geißelnd, Ketten an den Füßen nachschleppend, andere mit
ausgespannten Armen betend, die Klingelmiuistrauteii mit weißen Flügeln an den
Schulterblättern!
Andere Zeiten, andere Sitten! Kaum unterscheidet sich noch der Herr von dem
Diener, die Frau von der Magd, der Meister von dem Gesellen, den er Gehilfen nennt!
Wohin ist die „Salzburger Haube" mit dem Goldbund, die „Pelz-" und „Otterhaube",
dann die spätere prächtige „Goldhaube" der Bürgersfrauen gekommen, die noch unsere
Mütter oder Großmütter trugen? Wie bescheiden uud alterthümlich sah dagegen das
schwarze „Berghänblein" der Bänerinnen mit den Kreppflügeln, die „Drahthaube" mit
dem schwarzen Spitzeneinsatze und dem Bnnde, das „Ohrkäpplein" der Kleinbürgerinnen
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch