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rechtfertigt sich selbst durch die Nothwendigkeit, die oft aus weiter Ferue zur Leichenfeier
beschickten Verwandte» uicht ungespeist zu verabschiede«. Die Inschriften der Kirchhof-
denkmäler, mitnnter höchst eigenthümlich, sowie die Grabdenkmäler der Hauptstadt siud
längst Gegenstände der Anekdotenjagd oder knnstverständiger Beschreibung geworden.
Der Neujahrstag heißt der „Ebenweihtag", weil er ebeuso hoch geweiht ist als
der Geburtstag Chnsti. Mau soll au demselben mit Gutem anfangen, denn das setzt sich
dann leicht das ganze Jahr fort, z. B. früh aufstehen: auch glaubt mau an den schlechten
„Angang". Der Dreikönigstag wird auf dem Land noch hier nnd da der „Perchttag"
genannt, welche Bezeichnung vielleicht weniger an den Umzng der Perchta als an den
Nnhmesstrahl der Erscheinnng des Herrn erinnert. Zweifelsohne hat der Sternglanz, der
den Weisen leuchtete und noch in den Krippendarstellungen ganz eindrucksvoll zur
Anschauung gebracht wird, diesem Festtag den Namen des „Lbristen", das ist obersten
Tages verschafft, unter dem er noch alten Gebirgsbanern bekannt ist. Am Vorabend vor
Treikönig beginnt die letzte „Ranchnacht", Weihranch durchzieht die Häuser, im Freien
krachen Schüsse, einst wohl zur Verscheuchung nnheimlichen Spukes, nach jetziger Meinung
zur Vorfeier des Festes. In den vier „Lößelnächten" (St. Thomas, heiliger Abeud,
Sylvester, Dreikvnigsnacht) wurden einst die Schicksalsgeheimnisse in mannigfaltigster
Weise durch Bleigießen, Schnhwerfen, Behorchen der Thiersprache und dergleichen zn
erkunden gesucht.
An den Abenden zwischen Weihnacht uud Dreikönig ziehen die „Anglöckler" herum,
mit kurzen Liedersprüchen milde Gaben heischend, wie man glaubt zur Erinnerung an
Josef nnd Maria, wie sie Herberge suchten. Zwischen Dreikönig und Lichtmeß erscheinen
Abends die „Sternsinger", einen beleuchteten Ztern ans einer Stange mit einer Schnur
treibend. Ihre alteu Lieder siud vergessen, sie helfen sich mit geist nnd gemüthlosen neueren.
Aber es fügte sich gut, daß statt der strahlenden Frau Percht das himmlische Sternlicht
aufgegangen ist. Die Dreikönigsnacht machte auch deu Schluß der offenen Zeit für die
wilde Jagd, das „wilde Gjoad", jenen einst gefürchteten lärmenden Umzng des Wodan,
von dem man jetzt nichts mehr kennt als deu sprichwörtlich gebliebenen Namen. Um Pauli
Bekehrung, ohne genau die Zeit einzuhalten, lassen sich auch Knaben in den Hänsern sehen,
um Erlaubniß bittend, das „Sommer- und Winterspiel" ausführen zu dürfen, der Sommer
in Hemdärmeln, einen Fichtenzweig auf dem Strohhut, der Winter in der Kapuze uud
mit einem rauhen Kotzen angethan. Sie singen und ringen abwechselnd, jeder seine Vorzüge
lobend; nach dem dritten oder vierten Gange obsiegt der fröhliche Sommer. Um diese
Zeit ist im Gebirge auch das „Lebzeltenhacken" im Gebrauche. Unter mancherlei Scherzen
Vierden große, harte Lebkuchen, vom „heiligen Abend" herrührend, mit einer mächtigen
Breithacke zerschnitten nnd nnter die Hansgenossen vertheilt.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch