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Da die fröhliche Weihnachtszeit den reichsten Stoff zur dramatischen Behandlung
bot, so zerfällt das Weihnachtsspiel in eine Reihe von kleinen Dramen: Herberg- oder
Adventspiele (Josef und Maria, Herberge suchend iu Bethlehem), Hirtenspiele, Dreikönig-
spiele und Paradiesspiele (der Snndeufall der ersten Menschen als Ursache und Coutrast
der Erlösung dargestellt). Von diesen Spielen hat Schröer schon 1858 das „Gasteiner
Paradiesspiel" uud Hartmann vvr kurzem Weihnachtsspiele aus Laufen-Oberndorf und
aus Halleiu veröffentlicht. Höchst beachteuswerth erscheint aber der Nachweis, daß diese
Spiele ins XVI. Jahrhundert hiuaufreicheu uud mit zwei geistlichen Dramen des
Nürnberger Meistersängers Hans Sachs vielfach wörtlich übereinstimmen. In diesen
volksthümlicheu Bearbeitungen der Dramen des Hans Sachs erscheint also das deutsche
Bolksschaufpiel des XVI. Jahrhunderts mit seiner Spielweise uud Bühneneinrichtung über
die Jahrhunderte hinaus gerettet uud gehegt. Wir verdanken dieses Fortleben der Dichtung
des großen Meisters im Volke wohl dem Bergherrn in Gastein Christof Weitmoser, den
Hans Sachs zu feinen Gönnern zählte und dem er einen Band seiner Werke widmete.
Von Osterspielen hat Hartman« aus Salzburg eiu Halleiner „Judas- oder Fasteu-
spiel", wahrscheinlich Überrest eines älteren Passionsspieles, und eine Saalfeldener
„Passion" veröffentlicht, außerdem uoch ein „Kam- und Abelspiel", ein „Goliath-" uud
ein „König Salomospiel" aus Lauseu-Oberudorf. —
Was der „Vater der baierifcheu Geschichte", Aveutiu, vou den Baiern berichtet:
„Das gemeine Volk singt Tag und Nacht beim Wein, tanzt, kartet und spielt, mag über-
flüssig Hochzeit, Todteumahl uud Kirchtag haben", das war auch für unser fröhliches
Alpenvölklein so zutreffend, daß die Salzbnrger Chronisten Jordan nnd Steinhauser diese
Bemerkung Aveutius wörtlich in ihre Werke hinübernahmen.
Freilich ist unsere Kenutuiß der weltliche« Vvlkspoesie älterer Zeit mehr auf
Berichte augewiesen, erhalten blieb nur Weniges. So finden sich von dem epischen Liede
anch ans unserem Gebiete nur mehr einzelne Überreste: aus der Blütezeit des deutscheu
Volksgesauges eiu Lied auf die Belagerung Radftatts durch die aufständischen Bauern
(1526) und in einer Gasteiner Chronik des XVII. Jahrhunderts eine Reihe beschreibender
Gedichte, welche wieder an den Namen des Bergherru Christof Weitmoser anknüpfen;
am Schlüsse eines dieser Gedichte nennt der Dichter sich „Wolfgang Premb, ein
weitmoferischer Diener". Dem XVII. Jahrhundert gehört noch ein Lied ans die Empörung
der Zillerthaler in der Manier des Hans Sachs an.
Die Stelle des epischen Liedes vertritt heute in reicher Fülle das Gelegenheits-
gedicht sowohl erzählenden als satyrischen Inhalts. Dem Hang zur Satyre traten schon
frühe Verbote entgegen: 1469 wurde auf Ansuchen der Schneider „das böse Lied von der
Gais" verboten; 1523 wird iu Salzburg ein Spottlied der Lutherischgesinnten auf die
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Oberösterreich und Salzburg, Volume 6
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Oberösterreich und Salzburg
- Volume
- 6
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1889
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.03 x 24.86 cm
- Pages
- 650
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch